Wort zum Sonntag
Wenn in wenigen Wochen die 40-tägige Vorbereitungszeit auf das Osterfest beginnt, wird gerne von einer „Fastenzeit“ gesprochen, in der zeitlich begrenzt auf Verschiedenes verzichtet wird.
Die christliche Tradition öffnet allerdings einen viel weiteren Horizont; eine besonders intensive Zeit gelebten Glaubens zeichnet sich nicht nur durch negativ formulierten Verzicht, sondern durch das Tun des Guten aus: Fasten, Gebet, Almosen – in diesen drei Grundkategorien wird das eigene Leben in das Beziehungsgeschehen mit Gott und den Menschen eingebettet.
Die biblischen Wurzeln dieser Haltungen reichen bis in die Prophetenschriften des Alten Testaments zurück; doch auch für Jesus haben sie Bedeutung. So wird das Dreiergespann aus guten Werken, Beten und Fasten in der Bergpredigt nicht nur einfach aufgegriffen, Matthäus setzt es bewusst in die Mitte dieses Haupttextes seines Evangeliums.
Die Botschaft dahinter ist klar: Dort, wo die Rede Jesu für Menschen neue Perspektiven eröffnet, hat das Auswirkungen auf das konkrete Miteinander.
Äußere Handlung und innere Haltung werden dabei verbunden, eine Tat ist immer gemeinsam mit der dahinterliegenden Motivation zu sehen.
Wer etwa die akute Not von Armen lindert, soll das nicht für die eigene Imagekampagne nutzen, sondern dazu, dem am Rande Stehenden auf Augenhöhe zu begegnen; so wird er nicht Mittel zum Zweck, sondern kann seine Würde wahren (Mt 6,1–4). Dasselbe trifft auf das Fasten zu: Wer seinen Verzicht zur Schau stellt, um vor anderen als besonders fromm dazustehen, wird dem eigentlichen Sinn des Fastens – Solidarität mit Hungernden und Unabhängigkeit von materiellen Bedürfnissen – nicht gerecht (Mt 6,16–18).
Zwischen diesen beiden Elementen bettet Matthäus das Herzstück der Bergpredigt ein: das Gebet (Mt 6,5–15). Auch hier schiebt Jesus dem rein äußerlichen Verzwecken mit dem Ziel einer guten Außenwirkung den Riegel vor. Gebet soll zum einen der Gottesbeziehung dienen und dafür reicht die Abgeschiedenheit der eigenen vier Wände.
Zum anderen geht es auch im Gebet um Solidarität und menschliche Gemeinschaft; nirgendwo wird die Verknüpfung beider Beziehungs-Dimensionen so deutlich greifbar wie im Vaterunser.
Sichtbar wird das zunächst in der Formulierung: Dreimal wird Gott mit „du“ angesprochen und ganze neunmal ist von „wir“ die Rede. Dazu zeigt der Inhalt der Bitten, dass der Weg Jesu nicht der individuellen Wunscherfüllung dient, sondern das gemeinschaftliche Auskommen in den Fokus rückt. „Vergib uns unsere Schuld, so wie auch wir sie unseren Schuldnern erlassen haben!“ (Mt 6,12).
Wer diese Passage aufmerksam in der Form liest, die Matthäus überliefert, bemerkt an der Zeitenfolge etwas Besonderes: den Wechsel in die Vergangenheitsform. Der Mensch, der diesen Satz betet, hat bereits selbst das getan, was er von Gott erbittet: Er hat Schuld vergeben. In der Spur Jesu unterwegs zu sein, ist also untrennbar damit verbunden, Beziehung zu gestalten – und zu leben.
Heuer dominiert Matthäus die Evangelientexte der
Sonntagsgottesdienste.
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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