Wort zum Sonntag
Der Kirchenlehrer schaut mit festem, nüchternem Blick auf seine Gemeinde. Er ist präsent-wachsam, asketisch-produktiv. SUSI POP abstrahiert in ihrer Arbeit von 2021 das graphische Vorbild von Jan Toorop aus dem Jahre 1926 durch die Entscheidung, mittels Siebdruck-Verfahren und einem Heiß-kalt-Kontrast der Farben Blau und Magenta zu arbeiten. „Ein gewisses Blau greift ans Herz. Ein gewisses Rot versetzt in einen Zustand der Spannung“, notierte Henri Matisse.
Im Sich-Zeigen liegt die Kraft und Vitalität des Bildes. Canisius schaut uns an. Sein Bildnis ist ein Geschehen voller Möglichkeiten, bietet den Dialog an. Es deutet, greift ein und vermittelt Einsichten – bemerkenswert, bedeutsam und kostbar. Der Missionar stimmt in den Chor der Jesuiten vor Ort ein, nimmt teil an weiteren Kunstinstallationen in der Kirche: der performativen Bodenarbeit von Franz Erhard Walther, den Bienenhäusern von Olaf Nicolai und den Fotografien von Adrian Paci. Ein Zwiegespräch wird eröffnet, zu dem wir mit eingeladen sind. Funken des Hochaltarbildes „Allerheiligen“ springen über.
Canisius‘ Humanismus, sein Einsatz für die Armen und die Würde des Menschen ist ebenso Thema wie die von ihm geforderte Reform der Kirche, die dringend notwendige Korrektur des herrschenden Wirtschaftssystems, sein Engagement für Bildung für alle und die Vertiefung des geistigen Lebens. Hier schlägt das Herz der gesamten Ausstellung zum 500. Geburtstag von Petrus Canisius in Innsbruck und Hall. Von hier aus entfalten sich die Anliegen von Canisius in das Kirchenschiff der Jesuitenkirche und an die sieben anderen Ausstellungsorte.
Die Gemeinde der Spitalskirche in Innsbruck hat sich entschieden, das dort gezeigte monumentale Werk „Das Floß der Medusa“, ebenfalls von SUSI POP, schon vor der Halbzeit der Ausstellung auf Grund von Bauarbeiten wieder abzuhängen. Im Umgang mit künstlerischen Werken enthüllt sich jedoch ebenfalls das Ringen, der Kampf darum, glaubwürdig, wachsam und wahrhaftig wie Canisius zu sein oder es bei Oberflächlichem zu belassen wie in den legendären Serien von Denver und Dallas.
SUSI POP entspricht der Dynamik von Canisius in besonderer Weise. Sie lässt ihren bürgerlichen Namen anonym. Sie verlebendigt klassische Werke, verschafft ihnen eine zeitgenössische Relevanz, mittels derer sie sich aufmachen, Freundschaften und Allianzen zu bilden, in neuem Licht erscheinen. Welche künstlerische Position wäre geeigneter, mit Canisius in das „here and now“ zu wandern? «
Hochkarätige Gegenwartskunst zum 500. Geburtstag von Petrus Canisius in Innsbrucker und Haller Kirchenräumen: Diese Serie stellt Werke der Tiroler Ausstellung vor.
Teil 3
mit Hubert Salden
Kurator
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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