Wort zum Sonntag
„Ich bin mit dir, ich behüte dich, wohin du auch gehst.“ Dieser Vers aus dem Buch Genesis, den Gott Jakob zuspricht, wurde im Jahr 2011 zum Vers, der mich prägen sollte. Damals hatte ich gerade mit dem Theologiestudium begonnen. Ich wusste noch nicht, in welche Richtung es mich ziehen sollte. Ich hatte keine Ahnung von kirchlichem Leben, wenig Erfahrung in der Glaubenspraxis und erst recht keine Idee, was man mit einem Abschluss in der Theologie macht.
Warum hatte ich eigentlich angefangen mit diesem Studium? Nun, die Antwort ist kurios: Ursprünglich wollte ich Lehrer werden, schrieb mich in Freiburg für Mathematik und Physik, meine liebsten Schulfächer, ein. Schnell merkte ich jedoch, dass mir das Studium zu schwerfiel, ich zu viel Zeit aufwenden musste. Nach einer schweren Krankheit kurz vor meinem Abitur hatte ich einfach nicht ausreichend Kraft.
Meine Mutter war es, die mir weiter Mut machte: „Es ist nicht gut für dich, wenn du dich hängen lässt. Schreib dich doch irgendwo ein, und wenn es Theologie ist!“
Ich schrieb mich für Theologie ein und war von Beginn an zufrieden. Vor allem lernte ich Mitstudenten kennen, die mir zeigten, wie sie ihren Glauben lebten. Zum anderen fand ich Gefallen an der Theologie: nachdenken über „Gott und die Welt“, meinen sich entwickelnden Glauben kennen und begründen lernen, die christliche Tradition ergründen – super!
Im gelebten Glauben und in der Reflexion fand ich Antworten auf einige meiner Fragen – speziell im Blick auf meine von Krankheit geprägte Kindheit und Jugend: „Warum ist das mir passiert?“, „Wie und warum habe ich das so gut überstanden?“
„Ich bin mit dir, ich behüte dich, wohin du auch gehst“, wurde mir zur wichtigsten Antwort. Was auch passiert, Gott begleitet mich in meinem Leben! Und ich? Nachfolge bedeutet für mich Da-Sein für die Menschen, die in Not sind; Da-Sein für die, die Fragen ans Leben haben. Nachfolge bedeutet für mich, Gott, den ich in meinem Leben erfahren habe, zu verkündigen – erkenntlich zu machen, dass er eine Relevanz in unserem Leben haben kann.
Meine geistliche Heimat fand ich in Freiburg in der Dominikaner-Pfarre St. Martin. Nahezu täglich besuchte ich dort die Messe. Irgendwann fiel ich dem Pfarrer auf. Er lud mich ein, Lektor und Ministrant zu werden. Immer mehr lernte ich die Pfarre, und damit verbunden die Gemeinschaft der Dominikaner in Freiburg, kennen. Von den Brüdern wurde ich zum Frühstück eingeladen, zum Mittagessen, später zum Mitleben.
Dominikanisches Leben ist Leben aus der Gotteserfahrung heraus – im Gebet, im Studium, in der Gemeinschaft – in die Welt hinein. Im Idealfall sammelt der Dominikaner Kraft in der Zurückgezogenheit und der Gemeinschaft, seine Glaubensstärke im Gebet und im Studium der Theologie. Das alles, um in der Welt „zum Heil der Seelen“ zu wirken – z. B. in Seelsorge, Wissenschaft und Lehre.
„Toll! Das will ich auch machen!“, sagte ich mir. 2015 trat ich in den Orden ein. 2017 machte ich meine Einfache und 2020 meine Feierliche Profess. Nun lebe ich in Wien, mache eine weitere Ausbildung, zum Geistlichen Begleiter, und eine psychotherapeutische Ausbildung. In den vergangenen Jahren merkte ich immer mehr, dass mir das Leben als Dominikaner taugt. Nicht weil die Jahre reibungslos verlaufen sind. Ich habe häufig mit mir, der Gemeinschaft und Gott zu kämpfen gehabt; sondern weil ich spüre: „Bei Gott bin ich geborgen“ (Ps 91) und in die Welt gesandt. «
Teil 2 von 3, Frater Tobias Martin Sieberichs OP, Dominikaner
Tobias Martin Sieberichs lebt derzeit als Psychotherapeut in Ausbildung im Dominikanerkloster Wien. dominikaner.org
In Zusammenarbeit mit dem Berufungszentrum „Quo vadis?“ quovadis.or.at
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Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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