Wort zum Sonntag
„Ich bin der HERR, dein Gott, der dich aus Ägypten herausgeführt hat, aus dem Sklavenhaus“. Das ist die Grundbotschaft des Buches Exodus und die Grundlage für alles, was das Gottesvolk ausmacht.
Die Erzählung vom Auszug aus Ägypten verdichtet in einer einzigen Geschichte, was das Gottesvolk wieder und wieder erfahren durfte: Gott tritt für die Entrechteten und Unterdrückten ein und rettet sie aus der Hand der Mächtigen.
Die Erinnerung an den Exodus ist daher keine Vergangenheitsromantik, sondern die Vergewisserung und stärkende Zuversicht, dass Gott ein Gott ist, der befreit: damals wie heute und auch in Zukunft.
Das Volk Israel lebt in Ägypten. Dort herrscht ein Pharao, der das Volk versklavt, unterdrückt und alle männlichen Nachkommen töten lassen will. Gott beschließt, das Volk zu retten, und beruft Mose, mit seinem Bruder Aaron das Volk aus Ägypten herauszuführen.
Bevor Israel aus Ägypten auszieht, erhält es Anweisungen für die Feier des Pessachfestes – das Erinnerungsfest an den Auszug (Exodus 12,1–13,16). Dann erfolgt der Auszug. Das Volk Israel zieht bis zum Roten Meer (oder: Schilfmeer). Dort wird es von den Ägyptern eingeholt und droht, vernichtet zu werden (Exodus 13,17–14,14). Die Lage ist verzweifelt.
Da greift Gott rettend ein: Er spaltet das Meer, und die Israeliten können unversehrt und trockenen Fußes durch das Meer entkommen. Die Ägypter dagegen werden von den zurückkehrenden Wassermassen begraben. Viele stoßen sich an der Gewalt in dieser Erzählung. Aber die Erzählung hat keine Freude an Gewalt, sondern preist im Gegenteil die Gewaltlosigkeit: Die Israeliten sind unbewaffnet, während die Ägypter über die besten Waffen ihrer Zeit verfügten. Gott ist auf der Seite der Unbewaffneten – die Rüstungsmaschinerie geht unter (Exodus 14,15–31).
Das Exodusgeschehen hat so, wie es in der Bibel erzählt wird, nicht stattgefunden. Es ist in diesem Sinne kein historisches Geschehen. Möglicherweise ist eine kleine Gruppe damals (19. Jh. v. Chr.? 15. Jh. v. Chr.? 13. Jh. v. Chr.?) ausgezogen oder vertrieben worden. Doch darum geht es der Bibel nicht. Sie bietet vielmehr eine Erzählung, die zahlreiche kleine und größere Befreiungserfahrungen des Volkes in eine einzige große Erzählung verpackt. Auf diese Weise wird deutlich gemacht, wie Gott prinzipiell an seinem Volk handelt. In Zeiten der Bedrohung (die assyrische Bedrohung im 8. Jh. v. Chr., die babylonische Bedrohung und das Babylonische Exil im 6. Jh. v. Chr.) wurde diese Glaubenswahrheit nach und nach zu einer Erzählung geformt.
Deshalb greifen in der Erzählung auch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ineinander. Beim Danklied des Mose nach erfolgter Rettung etwa (Exodus 15) bezieht sich der erste Teil auf die unmittelbar vorangegangene Rettung am Roten Meer. Der zweite Teil (V. 13–16) dagegen spricht vom Einzug ins Gelobte Land: Das Gottesvolk geht durch feindliche Völker hindurch zu Gottes heiliger Wohnung, dem Zion.
Der Auszug aus Ägypten wird dadurch mit dem Einzug ins Gelobte Land parallelisiert. Allerdings: Auch dieser Einzug wird nicht etwa in der Zukunft, sondern in der Vergangenheit erzählt! Mose blickt darauf zurück! So wird deutlich: Es geht nicht um ein einmaliges, sondern um ein immer wiederkehrendes Geschehen. Alle späteren Leserinnen und Leser (bis zu uns hin) sind eingeladen, aus dieser Erinnerung Hoffnung für die eigene Gegenwart und Zukunft zu schöpfen.
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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