Wort zum Sonntag
Ein Donnerstag im Frühling, es ist das Hochfest des Leibes und Blutes Christi – kurz: Fronleichnam. Die Sonne heizt bereits am Vormittag den blank liegenden Stadtplatz in Hall in Tirol auf. Viele Menschen haben sich versammelt. Frauen in Trachten, Vereine, die ihre Fahnen mittragen, Schützen und die Musikkapelle. Mittendrin Männer in schwarz-weißen Uniformen: schwarze Kniehosen, Strümpfe, breitkrempige Hüte und Umhänge, die in einem rosa Ton gefüttert sind; weiße Gilets, Handschuhe und breite, steife Halskrausen. In der Hand tragen sie „Partisani“, dreizackige Hellebarden.
Sobald sich der Priester nach der Messe unter dem Tragehimmel mit der Monstranz zur Prozession aufmacht, geleiten die dunkel gekleideten Männer das Allerheiligste. Sie werden wegen der dreizackigen Stangenwaffe auch „Partisaner“ genannt. „Wir verkörpern eine alte Geschichte, aber unser Auftrag ist aktuell“, sagt Reinhard Spötl, Haller Hauptmann der Partisaner.
Quellen besagen, dass der Tiroler Landesfürst Ferdinand II. im 16. Jahrhundert den Befehl gab, wöchentlich Gottesdienste mit Prozessionen abzuhalten. Den Grund sah der Erzherzog im Beten um reichere Ernten, denn das Getreide war knapp.
Die Umzüge sollen Anhänger der Reformation provoziert haben. So schien die bewaffnete Begleitung religiöser Prozessionen eine Sicherheitsmaßnahme. In vielen Tiroler Orten gründeten sich Schutzgarden.
Bis heute, fast 500 Jahre später, haben sich in vier Tiroler Orten die Sakramentsgarden erhalten. In Hall, Schwaz, Thaur und Volders rücken die Männer bei Prozessionen aus, vor allem zu Fronleichnam. Doch jede Garde hat darüber hinaus ihre individuellen Feste, wo sie bei Prozessionen dabei sind, wie etwa zu Mariä Himmelfahrt oder am Rosenkranzsonntag (am ersten Sonntag im Oktober).
Karl Harb ist seit 1976 Hauptmann der Partisaner in Volders und der Dienstälteste unter den vier Hauptmännern. Neben Reinhard Spötl in Hall kümmert sich Horst Feichter um die Tradition in Thaur und Patrick Kometer, Hauptmann, sowie Christian Kirchmair, Obmann, in Schwaz.
Die Hauptmänner der vier Garden wollten die Tradition stärken und gründeten vor mehr als zehn Jahren den „Bund der Sakramentsgarden“. Im Jahr 2013 erfolgte auch die Eintragung als immaterielles Kulturerbe bei der UNESCO.
Geht es den Männern allein ums Weitertragen der Tradition? „Die Tracht ist alt, aber der Kopf ist jung“, wird Spötl nicht müde zu betonen. Die Sakramentsgarden sehen ihren Auftrag in unserer Zeit vor allem im Schutz und der Stärkung von Menschenrechten, im Besonderen dem Recht auf freie Religionsausübung. „Durch die Missachtung der Rechte auf freie Religionsausübung entsteht viel Leid“, bedauert Spötl.
Die Männer der Garden wollen aufmerksam machen und sind in ihrem Umfeld mit Vereinen und Institutionen im Gespräch. Sie sehen sich als Mahner und wollen am Puls der Zeit sein, auch karitativ. Die Mitglieder jeder Garde suchen sich Felder in ihren Pfarren, wo sie wirken.
Werden auch die vier Garden aussterben, die es noch in Tirol gibt? Dem widersprechen alle Hauptmänner. Im Gegenteil: Immer wieder finden sich junge Männer, die Aufnahme suchen. „Doch wir prüfen sehr genau, ob die Kandidaten auch bereit sind, ihr christliches Weltbild in der Öffentlichkeit zu vertreten“, betont Spötl. Auch wenn ihnen unter den schweren Trachten so manche Schweißperle an heißen Fronleichnamstagen auf der Stirn steht.
Die Tiroler Sakramentsgarden wurden vor etwa 500 Jahren nach dem spanischen Vorbild der Corpus-Christi-Bruderschaften gegründet. Ihrer ursprünglichen Tätigkeit als Schutz- und Ehrenbegleitung des Allerheiligsten bei Prozessionen gehen sie bis heute nach. In historischer Kleidung und Ausrüstung rücken die vier Tiroler Garden bei offiziellen kirchlichen und weltlichen Anlässen gemeinsam aus.
In Tirol gibt es noch vier Garden: in Hall, Schwaz, Thaur und Volders. Die Schwazer Garde nennt sich Salva Guardia, die anderen drei nennt man auch Partisaner, benannt nach den Waffen, die sie tragen. Die vier letzten Sakramentsgarden in Tirol haben sich in einem Bund zusammengeschlossen, um gemeinsam das Erbe dieser jahrhundertealten Tradition zu bewahren. 2013 erfolgte die Eintragung als immaterielles Kulturerbe der UNESCO Österreich.
Ist es heute noch nötig, das Allerheiligste zu schützen?
Reinhard Spötl: Die Sakramentsgarden haben sich von Schutz- zu Ehrengarden gewandelt. Heute wollen wir mit unserem Auftreten auf das Menschenrecht auf freie Religionsausübung hinweisen. Die Begleitung des Allerheiligsten hat symbolischen Wert. Wir zeigen damit, dass wir aus der Tradition kommen, aber mit beiden Beinen mitten im Leben stehen.
Partisaner sollen sich laut Statut in ihren Pfarren einsetzen. Wo konkret geschieht dies?
Spötl: Einerseits machen wir durch den „Red Wednesday“ im November auf Menschenrechte aufmerksam. Weltweit werden dann Gebäude rot angestrahlt. Andererseits sind unsere Mitglieder angehalten, in den Pfarren aktiv mitzuwirken, z. B. als Mesner, im Pfarrgemeinderat oder in der Jugendarbeit. Auf alle Fälle wollen wir alle als Christen karitativ aktiv sein.
Die Tracht aller Garden ist unterschiedlich. Warum?
Spötl: In Hall orientieren wir uns an der Tracht am spanischen Hof, wo die Sakramentsgarden ihren Ursprung haben. In Thaur etwa orientieren sie sich an der Bekleidung der Jungmänner. Auch in Schwaz und Volders führen die Trachten auf die lokalen Traditionen zurück. Die Paradewaffe, „Partisane“, ist auch unterschiedlich. Der Name der Garden kommt von der Partisane. Außer in Schwaz, dort nennt sich die Garde Salva Guardia.
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Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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