Wort zum Sonntag
Vom Palmsonntag weg bis Ostern gehören das Sterben Jesu, seine Herabnahme vom Kreuz, die Bestattung und vor allem das – leere – Grab zum festen Bestandteil der Evangelien, die in den Gottesdiensten verkündet werden. Schon in der alten Kirche haben sich die Christ:innen auch in ihren Bestattungsriten am Vorbild Jesu orientiert.
Die Bibel berichtet, dass die Jungfrau Maria, Maria Kleophas und Maria Magdalena die frommen Frauen waren, die den Tod Jesu am Kreuz miterlebten. Danach wurde der Leichnam Jesu von Josef von Arimathäa geborgen, mit Leinenbinden und wohlriechenden Salben umwickelt und in ein Grab gelegt.
Ob Bauernbarock oder Meisterwerke der Kunstgeschichte – alle Darstellungen machen deutlich, wie respekt- und liebevoll die Menschen um Jesus mit seinem Leichnam umgegangen sind. Das ist bis heute Inspiration zum Umgang mit den Toten geblieben.
Bestatter Martin Dobretsberger betont die Haltung: „Wichtig ist es, den Menschen als Menschen zu sehen, auch wenn er verstorben ist. Durch die achtsame, behutsame und vorsichtige Behandlung des Körpers gibt man dem Verstorbenen Würde. Es geht um den Kern des Wesens des Menschen, der einen Körper hat, aber so viel mehr ist als dieser Körper. Letztlich geht es um Liebe.“
Heute ist der Umgang mit toten Menschen in einem Landesgesetz geregelt. „Dort ist viel von Pietät und Würde die Rede, doch letztlich ist es eine Verdinglichung in so einem Gesetzestext“, sagt Martin Dobretsberger, der nicht nur Innungsmeister der OÖ. Bestatter:innen, sondern auch studierter Jurist ist.
Für An- und Zugehörige gehe es immer um den Menschen, den man verloren hat. „Wenn der Körper beispielsweise durch einen Unfall schwere Verletzungen hat, sehen Außenstehende eine Leiche. Eine Mutter sieht ihre Tochter oder ihren Sohn. Sie sieht den Menschen, wie ihn die Liebe meint“, sagt der Bestatter. „Das ist ähnlich wie beim historischen Jesus. Als Christ:innen sehen wir in einer Kreuzesdarstellung den Heiland, den Auferstandenen. Wir schauen durch die Wunden hindurch. Wir sehen Jesus am Kreuz als das, wofür er steht – und hätte er nie gelitten, könnte er uns heute nicht als Vorbild dienen.“
Bei der Trauerfeier gehe es dann auch nicht darum, das Leben des Verstorbenen schönzureden, sondern so wie bei Jesus auf das Gute zu blicken und dort hinzuschauen, wo dieser nun tote Mensch andere inspiriert und berührt hat. „Jeder Verstorbene ist uns Vorbild in Gott“, ist der Bestatter überzeugt.
Grundsätzlich können Angehörige eines verstorbenen Menschen alles selbst machen. „Es ist ja ihr Verstorbener“, betont Bestatter Martin Dobretsberger. Fix vorgeschrieben ist nur die ärztliche Totenschau.
Wenn jemand zu Hause stirbt, kann der Leichnam bis zu 24 Stunden dort bleiben. Oft brauche es die Einladung der Bestatter:innen an An- und Zugehörige, um an der Vorsorgung des Verstorbenen mitzuwirken.
„Die Haare zu kämmen, ist eine Berührung des Verstorbenen über einen Gegenstand. Das bricht oft das Eis, Angehörige merken so, es tut ihnen gut, den Verstorbenen zu berühren. Den verstorbenen Menschen zu streicheln oder einen Kuss auf die Stirn zu geben, hilft den Tod zu begreifen.“
Er berichtet, dass die meisten die Haare kämmen, aber das Waschen und Ankleiden den Bestatter:innen überlassen. Oft werde auch etwas in den Sarg hineingelegt. Besonders oft berühren An- und Zugehörige die Hände des Verstorbenen – „die Hände, die man so oft gehalten hat“, sagt Martin Dobretsberger.
Die Sorge um die Toten war historisch die Aufgabe der Gemeinschaft und der Kirche. Immer waren Freiwillige mit dabei. Professionalisiert habe sich das Bestatter:innen-Gewerbe mit der Urbanisierung und der Notwendigkeit der Seuchenbekämpfung, berichtet Martin Dobretsberger. Josef von Arimathäa wurde zum Patron der Bestatter:innen.
Die ersten gesetzlichen Vorschriften stammen aus der Zeit von Joseph II., dem Sohn Maria Theresias. Eine Gewerbeordnung entstand Mitte des 19. Jahrhunderts.
Bestatterin Julia Dobretsberger betont, dass Frauen schon immer eine wichtige Rolle in der Totenfürsorge gespielt hätten. „Totenfrauen halfen beim Ankleiden. Nachbarn trugen den Sarg“, berichtet sie. „Früher fand die Zehrung gemeinsam mit der Aufbahrung, dem Beten für den Verstorbenen und der Totenwache im Sterbehaus statt – vor dem Weg zur Kirche und zum Friedhof. Hier ist auch anzunehmen, dass das Frauen organisiert haben.“
Erst mit der Etablierung von Leichenhallen habe sich die Zehrung auf die Zeit nach der Abschiedsfeier verlagert. „Heute ändert sich da wieder einiges. Da es viel mehr Feuerbestattungen gibt, verlagert sich der Abschied wieder mehr in die eigenen vier Wände oder ins Altenheim. Wir Bestatter:innen motivieren An- und Zugehörige, sich dort zu verabschieden, weil das bei einer abstrakten Urne viel schwieriger möglich ist“, erzählt die Bestatterin.
Seit etwa 15 Jahren gibt es auch gute Räume in den Krankenhäusern. „Besonders Palliativstationen und Hospize sind Orte des aktiven Abschieds. Ein bisschen ist das wie früher in einem Sterbehaus – mit dem großen Vorteil, dass sich die An- und Zugehörigen – weil man ihnen die Pflegearbeit abnimmt – intensiv um die Beziehungspflege kümmern können“, sagt Martin Dobretsberger.
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Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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