Wort zum Sonntag
So war es üblich: 40 Tage nach der Geburt Jesu zogen Maria und Josef hinauf nach Jerusalem, um den Erstgeborenen Gott zu weihen. „Darstellung des Herrn“ nennt die katholische Kirche das alte Mariä-Lichtmess-Fest. Es geht auch auf den jüdischen Brauch zurück, dass eine Frau 40 Tage nach der Geburt eines Knaben und 80 Tage nach der Geburt eines Mädchens wieder als rein galt. Unterschiedliche Deutungen hatte das Fest zu verschiedenen Zeiten, einmal mehr als Marienfest, dann wieder eher als Christusfest oder auch als Lichterfest, an dem Lichtprozessionen abgehalten wurden.
Besonders schön ist die in der Orthodoxie gebräuchliche Deutung des Tages als ein „Fest der Begegnung“, geht es doch an diesem Tag um eine der berührendsten Begegnungen, von denen die Heilige Schrift erzählt.
Zwei alte Leute warteten ihr Leben lang schon: Simeon und Hanna. Als alt, aber hellwach und auf die Zukunft ausgerichtet werden sie geschildert. In ihren alten Tagen blickten sie nicht zurück auf ihr Leben, nach vorne war ihr Sinn ausgerichtet, auf die Zukunft hin. Vom üblichen Seufzen der Alten, die den Gutteil des Lebens hinter sich wähnen, während vor ihnen nur noch die Mühsal läge, ließen sie sich nicht anstecken. Nicht das „restliche“ Leben, sondern das ganze Leben erwarteten sie – die Erfüllung.
Ihre Wachheit, ihre grenzenlose Neugier, hat sie fähig gemacht, im unscheinbaren Kind, das Josef und Maria in den Tempel trugen, des Messias zu erkennen.
Die Hoffnung hat kein Ablaufdatum. Sie ist kein „Highlight“, das aufflackert und wieder erlischt, sondern eine Begegnung, die das ganze Leben hell macht. Simeon und Hanna leben nicht nur von den Glücksmomenten, die den Alltag dann und wann ein wenig aufheitern oder auch nur erträglich halten. Wie schnell beginnt dann ein Mensch zu zweifeln, wenn die flüchtigten Glücksmomente ausbleiben.
Simeon und Hanna, die beiden Alten, waren nicht von einer kurzatmigen Hoffnung getragen, die sich Tag für Tag neu bestätigen muss und an der man zweifelt, wenn sie sich einmal nicht blicken lässt. Eine Grundhoffnung hat sie durch ihr Leben getragen.
Und dann die Begegnung: die alten Leute und das Kind. Er werde den Tod nicht schauen, ehe er Christus gesehen hätte, war Simeon offenbart worden. Gerecht und fromm sei er gewesen, heißt es. Keine besonderen Leistungen, keine spektakulären Begebenheiten werden erwähnt. Er wartete „auf den Trost Israels“. Und Hanna, die 84-jährige Witwe: Ständig hielt sie sich im Tempel auf, heißt es von ihr. Ein gottnahes Leben wollte sie führen.
„Meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast“, bekennt Simeon über diese Begegnung.
Josef und Maria stehen in dieser Begegnung staunend daneben. Jesus gehört hier nicht seiner Mutter und seinem Vater allein. Er ist zur Hoffnung der Welt geworden. Selbst die Erwartung der Alten hat sich erfüllt.
Was für Simeon gegolten hat, gilt nun der ganzen Welt: Ihr werdet den Tod nicht schauen, ehe ihr „den Christus des Herrn“ gesehen habt (Lk 2,26).
Mariä Lichtmess nannte das Volk das Fest – und tut es auch heute noch – denn jetzt lässt sich leben im Licht.
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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