Wort zum Sonntag
Mit einer flotten Handbewegung lupft Hermann Signitzer seinen grauen Filzhut auf den Kopf. Ein prüfender Blick auf seinen Rucksack – alles gepackt, alles da – und das Pilgern kann losgehen. Die Strecke hat er in dem Wissen gewählt, dass sie nicht nur zwei Bundesländer verbindet (die Erzdiözese Salzburg umfasst auch das Tiroler Unterland). Er bezeichnet sie vor allem als „das Filetstück des österreichischen Jakobswegs“. Und Signitzer muss es wissen. Immerhin ist er der Tourismusreferent in der Zentrale der Kirche Salzburgs sowie ein erfahrener Wanderer und Pilger.
Der Wind fängt sich in den Blättern der Bäume, die Schatten spenden. Die meiste Zeit rauscht ein klarer, kalter Gebirgsbach neben dem Pilgerweg und hilft mit seinem Sprudeln, in ein angenehmes Tempo zu finden. „Die Strecke ist recht echt“, sagt Signitzer. Will heißen: wenig besiedeltes Gebiet, kaum Ablenkungen und viel Raum, um über die grandiose Landschaft zu staunen. „Die ist der Hammer. Anders kann ich es nicht sagen.“ Sie heißt Pilger herzlich willkommen. Nach dem Passieren der Landesgrenze ist der erste Halt im Pfarrhof in Waidring angesagt. Dort lehnt Schwester Barbara Grundschober in der Tür und berichtet, wie es ihr in der Coronazeit mit Pilgerinnen und Pilgern geht, die auf ihrer Reise eine Pause oder ein Bett brauchen. „Hier ist immer viel Bewegung drinnen. Auch während des Lockdown, als viele die Abgeschiedenheit der Natur gesucht und sich fürs Pilgern entschieden haben“, sagt sie. Den Jakobsstempel in der Kirche hat sie mittlerweile mit einer schmalen Kette gut befestigt. Pilger verzeichnen damit Waidring als Station im Pilgerpass – und zwei Mal hat ihn offenbar schon jemand mit auf die weitere Reise genommen.
Was ist der Unterschied zwischen Wandern und Pilgern? Tourismusreferent Hermann Signitzer sieht dann eine spirituelle Komponente beim Gehen, wenn er sich ein Thema zum Nachdenken oder Dankbarsein mitnimmt. „Gott begleitet mich dann und ich spreche mit ihm. Ihm kann ich alles sagen und dabei alles loswerden, was mich freut oder bedrückt.“ Wandern beschreibt er hingegen als etwas Kräftigendes, bei dem er als Ziel etwa den Gipfel hat.
Unterwegs zum Pillersee legt Signitzer einen Stopp bei der kleinen Wallfahrtskirche St. Adolari ein. Er füllt seine Pilgerflasche mit frischem Wasser vor dem Gotteshaus, dann fragt er beim nahegelegenen Wirt nach dem Schlüssel und der Türklinke, um in das Kirchlein zu kommen. Beides bekommt er mit einem freundlichen Lachen. Nach einer kurzen Andacht geht es dem Ziel dieses Tages entgegen. Auf der Buchensteinwand thront auf einer Höhe von rund 1.456 Metern das schon von Weitem sichtbare Jakobskreuz. Da an diesem Tag (freilich mitten im Pilgern) ein Regenguss niedergegangen und es schon Nachmittag ist, zieht er die Bergbahn auf den Gipfel dem Fußweg vor.
Signitzer beschreibt den kreuzförmigen Aussichtsturm als „spirituelle Erlebniswelt“ und als „Weg mit Stationen zu den zentralen menschlichen Themen wie Trauer und Freude“. Beeindruckend ist die Bergwelt rundum. Bei schlichter Pilgersuppe und einem Glas Saft können die Augen von den Kitzbüheler Alpen über die Loferer bis hin zu den Leoganger Steinbergen schweifen.
Signitzer: „Die Kür beim Pilgern ist für mich jedenfalls, wenn man am Ende an einem anderen Ort ankommt. Auch spirituell gesehen.“
Die Anreise kann nicht nur mit dem Auto, sondern auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgen. Die Pilgerstrecke nimmt ihren Ausgang in Lofer, einer pittoresken Marktgemeinde im Salzburger Pinzgau.
Der Jakobsweg startet am rechten Bachufer und führt zuerst zur Ortschaft Strub. Dort ist ein Meilenstein mit dem Hinweis „15 Meilen nach Innsbruck“ sichtbar. Vom Hotel Brandnerhof geht es auf dem Waldweg bis zur Hauptstraße. Dort links halten und der Straße folgen. Auch bei der Schottergrube links halten; der Waldweg führt in Richtung einer munter machenden Kneippanlage und zur Seisenbacher Quelle. Danach zweigt der Weg nach St. Adolari ab und führt weiter an den Pillersee und in die kleine Pfarre St. Jakob in Haus.
Auf das Jakobskreuz in St. Ulrich am Pillersee auf 1.456 Metern kommen Sportliche und Ambitionierte zu Fuß (im Winter sogar mit Tourenski). Wer es bequemer mag, nimmt die Bergbahn. Das Jakobskreuz thront auf dem Gipfel der Buchensteinwand, einem besonders schönen Aussichtsberg im Pillerseetal, mitten in den Kitzbüheler Alpen. Das größte begehbare Gipfelkreuz der Welt bietet mit einer Höhe von rund 30 Metern eine grandiose Aussicht über die Region und lädt zum Innehalten und Verweilen ein.
Mit dem Autobus lässt sich die Gehstrecke immer wieder abkürzen. Ist das gewünscht, empfiehlt sich ein Blick auf den Aushangfahrplan oder aber auf die Handy-App „Scotty“ (kostenlos).
- Beim Pilgern haben Hermann Signitzer und Michaela Hessenberger die Mikrofone gezückt und eine Folge für „Auf Brot und Wein – ein Podcast der Erzdiözese Salzburg“ aufgenommen. Was die beiden beim Gehen erlebt haben, gibt es auf iTunes, Spotify oder www.eds.at/aktuelles/podcasts zu hören.
- Vorab zu Hause zum Durchklicken: Die Beschreibung zu der beeindruckenden, wenn auch kleinen Wallfahrtskirche St. Adolari ist hier zu finden: www.tirolerwirt.at/pilgern-jakobsweg/wallfahrt-kirche-st-adolari
Alles zum Jakobskreuz, zu Errichtung, Programm und Bergbahn auf den Gipfel gibt es hier: www.bergbahn-pillersee.com/de/jakobskreuz
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Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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