Wolfgang Eder, Chef der VOEST, dem oö. Industrie-Leitbetrieb, hat jüngst Österreich als weiterhin guten Standort in Frage gestellt. Vorher schon und vor allem nachher gingen die Diskussionwogen dazu hoch.
Medien, die Eders Aussagen aufgriffen, spiegeln in den Reaktionen die Emotionen wider. Da wird die VOEST aufgefordert, beim Rückzug aus Österreich auch gleich die Milliardenhilfe der 80er-Jahre zurückzuzahlen. Die Industriellenvereinigung wurde in ihrer Kritik schon vor fast einem Jahr von Wirtschaftsminister Mitterlehner unterstützt: „Daher ist es das falsche Signal für den Wirtschaftsstandort Österreich, wenn andauernd noch mehr Umverteilung, mehr Gerechtigkeit und neue Leistungen wie eine sechste Urlaubswoche und eine Arbeitszeitverkürzung gefordert werden. Wir wollen keine Sozialleistungen kürzen, aber eine weitere Ausweitung auf Kosten der Wirtschaft können wir uns nicht leisten“, sagte Mitterlehner bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Industriellenvereinigung im Juni 2013.
EU, USA, China
Nach den deutlichen Abwanderungs-Ankündigungen haben sich viele Politiker zu Wort gemeldet. Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer sagte: „Wir müssen gemeinsam für ein investitionsfreundliches Klima sorgen und gleichzeitig entschlossen gegen Industrievertreibungsmaßnahmen, wie etwa überzogene CO2-Bestimmungen der EU vorgehen. Landeshauptmann-Stellvertreter Reinhold Entholzer sieht in strategischen Beteiligungen der öffentlichen Hand einen Schutz vor Abwanderungen. „Wo in Unternehmen ausschließlich der Rechenstift regiert, dort kommen Mitarbeiter/innen und Umwelt zu kurz“, sagte Entholzer und setzte fort: „Man kann nicht die Lohnkosten von China mit den Energiekosten der USA und dem sozialen Frieden in Österreich zusammenfügen.“ Die Arbeiterkammer mahnte: Leitbetriebe haben Verantwortung. Abwanderungsparolen gefährden den sozialen Frieden.“ Wirtschaftslandesrat Michael Strugl nimmt die Warnungen der Industrie ernst.
Nach außen andere Signale
Ein Viertel der Industrieproduktion und der Exporte Österreichs kommen aus Oberösterreich. Es ist das Industrie- und Export-Bundesland Nummer eins. Die Abwanderungs-Debatte wird hier daher besonders sensibel verfolgt. Etwa 1000 ausländische Gesellschaften haben ihren Sitz in Oberösterreich. Ist das kein Zeichen dafür, dass der Standort Österreich / Oberösterreich attraktiv ist? Die Wirtschaftskammer kehrt ja auf ihrer Homepage www.advantageaustria.org auch viele Standortvorteile hervor: zentrale Lage, Steuervorteile, Österreich als einer der unternehmerfreundlichsten Staaten Europas, attraktive Förderungen, qualifizierte Arbeitskräfte… Widerspricht das nicht der Klage über nachlassende Standort-Qualität? Österreichs Wirtschaftskammerpräsident Dr. Christoph Leitl und die Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer OÖ, Mag. Ulrike Rabmer-Koller antworten ähnlich: Das eine ist die Darstellung nach außen, das andere ist, wie man nach innen Schwächen anspricht. Nach innen müsse Klartext gesprochen werden: Hohe Steuern und Abgaben, schikanöse Kontrollen und eine überbordende Bürokratie setzen seit Jahren den Klein- und Mittelbetrieben zu. Sie können nicht abwandern. Doch es drücke auf die Stimmung und die Wirtschaftskraft.
Dienen vor Verdienen
Braucht es nicht eine umfassender verstandene Sozialpartnerschaft, nicht eine Standort-Diskussion, die nur von Kapital-Interessen ausgeht? – Dass der Mensch Vorrang hat, sei sein Motto, betont Leitl. Er bekräftigt: „Dienen kommt vor Verdienen.“ Das brauche ein Wert- und ein ökomomisches Fundament. Ulrike Rabmer-Koller stößt ins gleiche Horn: Auf Unternehmensebene habe sich in den letzten Jahren enorm viel in Richtung unternehmerische Verantwortung getan. Alle heimischen Unternehmen lebten ihre soziale Verantwortung. Die Sozialpartnerschaft fuße auf den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft. „Solidarität, sozialer Ausgleich und ökologische Nachhaltigkeit sind daher unsere gelebten Grundsätze.“
Die Abgabenquote und die Arbeitskosten seien in Österreich zu hoch, die Umwelt- und Energiepolitik der Europäischen Union belaste, sagt VOEST-Chef Eder und mit ihm viele Unternehmens-Verantwortliche. Auch der Chef der RaiffeisenLandesbank Dr. Heinrich Schaller hat sich ähnlich geäußert.