Im Garten der Familie Kobler spielen vier Kinder. Moritz lässt ein Kaninchen an seinem Hals schnuppern, die zwei kleinen Mädchen versuchen, auf einem Seil zu balancieren, und Selma übt akrobatische Kunststücke auf dem Schaukelgestell. Die vier Kinder sind Pflegekinder. Seit Jahren leben sie bei Marianne und Martin Kobler in der Nähe von Rohrbach. Moritz und Selma heißen nicht wirklich so, aber zu ihrem Schutz sollen sie weder an ihren Namen noch an ihren Gesichtern erkennbar sein.
Ein Platz für Kinder
„Die Kinder stellen unser Familienleben auf den Kopf!“, lachen Marianne und Martin Kobler. Bei Kaffee und Gugelhupf, den die elfjährige Selma gebacken hat, erzählen sie von ihren zwei erwachsenen Söhnen und ihrer ersten Pflegetochter Lisa. Sie kam 2001 in die Familie, später kam Selma, kurz vor Weihnachten. Ihre Mutter konnte sich nicht um den Säugling kümmern, doch sie vergewisserte sich, dass ihre Tochter in der Pflegefamilie gut aufgehoben war. Als Lisa nach zehn Jahren zu ihrer leiblichen Mutter zurückkehrte, hinterließ sie eine Lücke. „Da ist der Gedanke gereift, dass es immer Kinder gibt, die Hilfe brauchen“, meint Marianne Kobler. Seitdem hat Selma noch weitere „Geschwister“ – Moritz und seit einem Jahr die Zwillingsmädchen. „Nach dem Anruf der Sozialarbeiterin, die einen Platz gesucht hat, ist uns die Geschichte der Kinder nicht mehr aus dem Kopf gegangen“, sagt die erfahrene Pflegemutter.
Eine oft traurige Vorgeschichte
Kinder, die zu Pflegefamilien kommen, haben manchmal schon einen Leidensweg hinter sich. Die leiblichen Eltern schaffen es nicht, ihrem Kind regelmäßig zu essen zu geben oder es in seinem Bewegungsdrang zu unterstützen. Es bleibt oft sich selbst überlassen. Das Personal in den Pflegeheimen bemüht sich um die Kinder, doch inmitten von Dienstplänen bekommen manche nicht, was sie brauchen, um gestärkt ins Leben zu gehen. Auch bei Kindern, die gleich nach ihrer Geburt zu Krisenpflegeeltern kommen, ist doch das Urvertrauen in Beziehungen erschüttert.
Die Lebensfreude ist stärker
„Kinder lernen so schnell, wenn sie Liebe und Zuwendung bekommen“, sagt Marianne Kobler. Sie und ihr Mann sind von der Lebensfreude und Flexibilität der Kinder beeindruckt. Beiden ist wichtig, dass die Kinder von ihren leiblichen Eltern wissen und auch – wenn möglich – in Kontakt mit ihnen sind. „Wir versuchen, die Eltern mit Wertschätzung anzunehmen, auch wenn die Zusammenarbeit oft eine große Herausforderung ist“, sagt Martin Kobler. Er achtet die Wünsche der leiblichen Eltern, aber es schmerzt ihn, dass die Gerichte in den letzten Jahren zunehmend das Recht der Eltern höher einschätzen als die Bedürfnisse der Kinder. So sollen Kinder manchmal in ihre Herkunftsfamilien zurückkehren, auch wenn sich Pflegeeltern und Psycholog/innen dagegen aussprechen.
Zu Pflegeeltern ausbilden lassen
Die vier Kinder sitzen im Gras und streicheln die Kaninchen. Sie freuen sich auf den Ausflug, der gleich losgehen soll. Marianne und Martin Kobler sind froh, den Weg als Pflegeeltern gewählt zu haben – auch wenn viele Parteien mitreden, von den Eltern der Kinder über das Jugendamt bis zum Gericht. Das Ehepaar Kobler hat sich beim Verein Plan B (siehe Spalte) ausbilden lassen und möchte andere darin bestärken, Pflegekinder aufzunehmen. Wehmut schwingt mit, weil die liebgewonnenen Kinder von der leiblichen Mutter oder dem Vater zurückgeholt werden können, so Marianne Kobler: „Aber es ist eine schöne Aufgabe.“
Pflege- und Adoptiveltern gesucht
Ende 2013 gab es 403 Pflegefamilien in Oberösterreich. Jährlich sucht die Kinder- und Jugendhilfe Oberösterreich Pflegefamilien für ca. 70 Kinder. Plan B, der Verein Pflege- und Adoptiveltern OÖ, ist eine gemeinnützige Einrichtung und Partner der Kinder- und Jugendhilfe. Der Verein vermittelt Kinder, die vorübergehend oder auf Dauer nicht bei ihren leiblichen Eltern leben können. Plan B bietet Kurse zur Vorbereitung sowie zur Weiterbildung an und berät und begleitet Pflegefamilien. Die Pflegemutter oder der Pflegevater können sich auch in Teilzeit bei Plan B anstellen lassen und sind sozialversichert. Kontakt: Richterstraße 8d, 4060 Leonding, Tel. 0732/60 66 65, E-Mail: office@planb-ooe.at, www.planb-ooe.at