Es ist erschütternd, in welcher Ausweglosigkeit sich Opfer des Menschenhandels – vor allem Frauen – befinden. Unter Federführung der Salvatorianerinnen soll es dennoch den Weg heraus aus der Falle der Menschenjäger und -händler geben.
Sie können sich an die Namen der Täter nicht mehr erinnern, weil die Verfahren so lange dauern. Sie wissen, dass ihre Angehörigen daheim auf das Geld warten – und keine Ahnung haben, was mit ihren Töchtern in Europa passiert. Sie ziehen ihre Aussagen bei Gericht zurück, weil die Angst überwiegt oder weil sie sonst nicht einmal mehr ein warmes Zimmer hätten. Rund 10.000 Prostituierte arbeiten in Österreich, viele alles andere als freiwillig. Sie haben keine andere Wahl. Menschenhändler verdienen viel Geld damit. Und vor Gericht gewinnen fast immer die Täter.
Meist gewinnen die Täter
Rund 300 Gäste konnte Maria Schlackl vom Orden der Salvatorianerinnen bei einem Informationsabend am 23. Oktober im Linzer Ursulinenhof begrüßen. So deutlich haben sie noch nie zu hören bekommen, was es mit dem Thema Frauenhandel auf sich hat, und wie schwierig es ist, dagegen anzukämpfen. Oberst Gerald Tatzgern, Ermittlungschef gegen Menschenhandel bei der Polizei, benannte die Schwierigkeiten. Ganz selten nur gelingt es, Menschenhändler hinter Gitter zu bekommen – auch dann nicht, wenn man sich sicher ist, was abläuft. Die Täter haben Geld und teure Anwälte. Und die verängstigten Frauen halten als Zeuginnen doch nicht. Sr. Anna Mayrhofer leitet in Wien eine Schutzwohnung des Vereins Solwodi für Frauen und ihre Kinder, die aussteigen wollen. Aber viele wollen nicht mehr, haben zu kämpfen aufgehört und kommen mit dem Alltag nur zurecht, wenn sie vergessen. Aus Afrika und nach der Öffnung der Grenzen aus dem europäischen Osten wurden die Frauen in die Bordelle Westeuropas unter falschen Versprechen gelockt. Sie werden geschlagen, entwürdigt, vergewaltigt, bis sie schließlich gar nichts mehr wollen.
Keine will wirklich
Sr. Anna Mayrhofer kämpft seit 15 Jahren „gegen Menschenhandel, aber für die Prostituierten“. Zuerst in Deutschland, jetzt in Wien. „Es will keine Frau so arm sein, dass sie ihren Körper verkaufen muss“, fasst sie ihre Erfahrung zusammen. Und deutlich wurde an diesem Abend: Frauenhandel blüht wegen des Wegschauens. Prostitution wird als üblich betrachtet. Sie blüht auch, weil zu viele Männer Frauen nur als käufliche Ware sehen, mit der sie tun dürfen, was sie der eigenen Frau nie zumuten würden. Besonders erschreckend: In jüngerer Zeit werden zunehmend Frauen mit geistiger Behinderung in Bordelle verschleppt. Mit Unterstützung von Politik und vielen kirchlichen Organisationen, auch zusammen mit der Polizei, soll in Oberösterreich eine Initiative aufgebaut werden. Sr. Maria Schlackl arbeitet auf dieses Ziel hin. Im Jänner startet sie mit einer Projektgruppe.