Bei Spitalsreformen geht es nicht nur um wirtschaftliche Gesichtspunkte – sonst wird Medizin reduziert auf Vollzug –, betont der renommierte Medizinethiker Giovanni Maio.
Mit der Einführung eines Medizinstudiums in Oberösterreich wird die Katholisch-Theologische Privatuniversität Linz (KTU) den Fachbereich Ethik und Praktische Philosophie ausbauen. Dass Bedarf besteht, bewies ein Vortragsabend am 5. Februar. Rund 200 Gäste, vor allem Ärztinnen und Ärzte, befassten sich dabei mit medizinethischen Fragestellungen. Univ.Prof. Dr. Giovanni Maio, Medizinethiker in Freiburg, skizzierte das Spannungsfeld, in dem Ärzte in Spitälern heute stehen. Industrielles Denken darf dort nicht Oberhand gewinnen, betonte Dr. Maio. Die negativen Folgen: Junge Ärzte erleben mitunter, „dass Sorgfalt als potenzielle Verschwendung gilt“, stellte er fest. „Sie kommen mit guten Dispositionen – und sehen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, den Betrieb aufzuhalten“, schilderte Maio: „So wird Medizin reduziert auf den Vollzug.“ Maio sprach von einem „Salonfähigwerden der inneren Teilnahmslosigkeit“ im Spitalswesen. Leidtragende seien die Patient/innen, für die nicht mehr genug Zeit aufgewendet werden könne. Medizin müsse Fürsorge für den Menschen bleiben, betonte der renommierte Medizinethiker. Konkret bedeute dies: Ärzten muss in den Spitälern die nötige Zeit für die Patient/innen eingeräumt werden, sodass auch Aufmerksamkeit für Patienten möglich wird. Dazu gehört genügend Zeit für das Gespräch mit den Patientinnen. „Begegnungszeit statt Durchschleusen von kranken Körpern“, brachte Dr. Maio die nötigen Maßnahmen auf den Punkt. Die Initiative für den Abend auf kirchlichem Boden ging von einer Ärztegruppe um Primarius Dr. Wolfgang Pumberger, Kinderchirurg an der Landesfrauen- und Kinderklinik in Linz, aus.