Die meisten Lebensmittel werden unter Umständen erzeugt, die nicht gut für Mensch noch Umwelt sind. Der Verein NETs.werk geht einen anderen Weg. Und immer mehr Menschen gehen mit.
Ausgabe: 2015/22, Solidaritätspreis, Verein NETs.werk, nachhaltig
26.05.2015 - Christine Grüll
Es ist Freitag früh, neun Uhr. Die ersten Kundinnen betreten den NETs.werk-Laden in der Neuschönau, eine ruhige Siedlung in Steyr. Sie bringen ausgewaschene Flaschen und leere Körbe, die sich rasch mit frischem Gemüse, Milchprodukten, duftendem Brot und vielleicht noch ein paar Biopflänzchen füllen. Ingrid Zwingler und ihre zwei Kolleginnen verteilen währenddessen noch einzelne Lebensmittel in die grünen Kisten, die in langen Regalen stehen. Ihr Inhalt wird im Laufe des Tages noch abgeholt werden. Freitag ist Markttag bei einem Netzwerk, in dem Kaufende und Verkaufende auf ihre Kosten kommen.
Das Schönste sind die Begegnungen. „Eine der schönsten Früchte unserer Arbeit sind die netten Begegnungen“, sagt Gerhard Zwingler. Er hat sich gemeinsam mit seiner Frau Ingrid und dem Ehepaar Königshofer auf die Suche nach Bauernhöfen gemacht, die mit Bedacht bewirtschaftet werden. Die beiden Familien wollten mit ihrem verdienten Geld Lebensmittel kaufen, die regional und biologisch hergestellt werden und dabei weder das Grundwasser noch die Erde mit chemischen Düngern belasten. Und sie wollten dafür einen fairen Preis zahlen. Diese Wertschätzung überraschte die Bauern, erzählt Gerhard Zwingler. Wurden sie doch meistens gefragt, ob sie ihr Obst und Gemüse noch billiger verkaufen. Damit sich mehr Menschen an den Ab-Hof-Käufen beteiligen konnten, wurde der Verein NETs.werk gegründet.
Ein Kennzeichen für Nachhaltigkeit
Das ist zehn Jahre her. Mittlerweile gibt es fast dreißig Regionalstellen in Ober- und Niederösterreich, in Salzburg und eine bei Hamburg. Sie alle arbeiten mit einem EDV-System, das vom Verein entwickelt wurde. Beim NETs.werk Steyr zum Beispiel kann am Dienstag über eine Website bestellt werden. Am Donnerstag bringen die Bauern ihre Waren in die Regionalstelle, am Freitag holen sie die Kundinnen und Kunden ab. Immer mehr ausgewählte Nahrungs- und auch Waschmittel erweitern das Angebot. Diese Sorgfalt möchte Gerhard Zwingler generell im Lebensmittelhandel wiederfinden. Dafür hat er bereits ein System fertig in der Schublade, mit dem nachhaltige Produkte gekennzeichnet werden. Solche, die schädigend hergestellt werden, würden über Steuern verteuert. Viel Zeit, Ideen und Leidenschaft hat Gerhard Zwingler in den Verein und in die Regionalstelle gesteckt. Das hat mit seiner Kindheit zu tun. Und mit einer Reise nach Brasilien.
Schlüsselerlebnisse
„Meine Eltern hatten eine Gast- und Landwirtschaft in Tumeltsham. Sie waren von der Ernte abhängig und mussten sie zu einem Spottpreis verkaufen“, sagt Gerhard Zwingler, der das schon als Kind für ungerecht hielt. Bei einer Reise nach Brasilien konnte er die große Armut in einem so fruchtbaren Land nicht fassen. Zurück in Österreich studierte er Volkswirtschaftslehre. Er wollte mit Antworten für ein soziales System nach Brasilien zurückkehren. Doch er musste erkennen, dass im weltweit herrschenden Wirtschaftssystem ein gutes Leben für alle nicht vorgesehen ist. Mit NETs.werk sind Gerhard Zwingler und alle Beteiligten einem solchen Wirtschaften aber ein gutes Stück nähergekommen. Er wünscht sich, dass immer mehr Menschen mitmachen und so mehr Bauern auf eine ökologische Landwirtschaft umsteigen können. Es ist ihm nicht wichtig, ob über NETs.werk oder über andere Anbieter gekauft wird, betont Gerhard Zwingler: „Wir werden uns sowieso gut entwickeln. Für eine lebenswerte Welt.“ Information unter http://netswerk.at