Die Sensation ist perfekt! Was niemand für möglich hielt, der Kirchenzeitung ist es gelungen: Wir haben heute ein Interview mit Jesus von Nazaret für Sie.Kirchenzeitung: Eine Frage, die uns allen unter den Nägeln brennt: Wie hast du das gemeint, du seist nicht gekommen Frieden zu bringen, sondern Spaltung? Und wie sollen wir dein Wort verstehen, du seist gekommen Feuer auf die Erde zu werfen? Wie verträgt sich das mit der Frohbotschaft? Das klingt doch nach Aufruhr und Streit!Jesus: Zugegeben, auf den ersten Blick vielleicht. Ihr überseht dabei aber, daß mein ganzes öffentliches Wirken immer wieder Provokation und Unerträglichkeit für viele meiner Zeitgenossen war. Angefangen von meiner „Primizpredigt“ in meinem Heimatort (Lk 4), den Heilungen am Sabbat, meinem unverkrampften Umgang mit Sünderinnen, bis hin zur Beschimpfung als Fresser und Säufer. Der Apfel fällt wohl nicht weit vom Stamm. Schließlich war mein Vater ein subversiver Wüstengott, der die Unterdrückten befreite und die Mächtigen vom Thron stieß (Ex 3).Verschweigt nicht . . . Das verschweigt ihr in der Verkündigung leider allzu leicht. Ihr seid abgeklärt und mit der Religion fertig. Ihr laßt euch nicht mehr aus der Beschaulichkeit eurer bürgerlichen Existenz reißen. Ihr begnügt euch damit, eure Pflicht zu tun. Immerhin geht ihr im Gegensatz zur überwiegenden Mehrzahl der Leute am Sonntag noch zum Gottesdienst. Ansonsten habt ihr mich allerdings im Herrgottwinkel domestiziert. Für Hochzeiten und Prozessionen bin ich noch gut. So habe ich das nicht gemeint. Ich bin keine Amme, die euch den Vergnügungsschnuller reicht, an dem ihr nur noch selig zu zutzeln braucht.Mit meinen Worten von Feuer und Spaltung will ich euch daran erinnern, daß das Evangelium in die Entscheidung zwingt. Es ist eine Zeit der Scheidung (krisis) und Entscheidung. Ich habe Sorge um das Evangelium, weil vieles als christlich gilt, was das Gegenteil dessen ist, was ich wollte.Eure Pfarrgemeinden sind in Gefahr zu religiösen Bedürfnisanstalten zu verkommen, in der Politik läuft alles wie geschmiert. Als Christen hättet ihr die Aufgabe „Kontrastgesellschaft“, „Stadt auf dem Berg“ zu sein. Mein Wort will euch wieder zur Radikalität, zur Wurzel des Evangeliums zurückführen. Legt eure Lauheit ab, denn die fand schon der Seher Johannes zum Kotzen (Offb 3, 16)! Pflegt keine private Innerlichkeit, seid nicht neutral, sondern parteilich zugunsten der Ausgegrenzten und vom Leben Gezeichneten, auch wenn das anstößig ist. Lernt aus der Leidensbereitschaft Jeremias! was euch unbequem istWerdet von Hörern des Wortes endlich zu Tätern (Jak 1, 22). Sorgt dafür, daß es wieder heiß hergeht, daß man euch wirklich an euren Früchten erkennt. Das wäre ein christlicher Lebensstil, wie ich ihn mir vorstelle. Dann werden auch die Menschen statt auszutreten wieder kommen und sagen: „Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört: Gott ist mit euch“ (Sach 8, 23).Kirchenzeitung: Wir danken für das Gespräch.