In Dänemark sind Pfarren noch überschaubar: rund 650 Katholiken leben in den 52 Gemeinden. Den sogenannten katholischen Ländern könnte das Land des Hans Christian Andersen fast wie ein Märchenland erscheinen.Es war einmal ein kleines Land, dessen Einwohner katholisch waren und jeden Sonntag Morgen in die Messe gingen. Im 16. Jahrhundert fingen die Leute an, von irgendeiner Reformation zu sprechen. Und eines Tages war das kleine Land ganz und gar evangelisch geworden. Katholisch zu sein wurde strengstens verboten. Drei Jahrhunderte sollte es dauern bis zur neuen Verfassung 1849. Denn sie brachte unter anderem die freie Religionsausübung. Hie und da tauchten einzelne Katholiken auf, und nach und nach schlossen sich ganz viele dazu. Heute leben in Dänemark 34.000 Katholiken – 0,7 Prozent der 5,2 Millionen Einwohner. So sind die Katholiken eine Minderheit, von der eine „Nochminderheit“ – rund ein Viertel – als „Praktizierend“ bezeichnet wird.Leben in der DiasporaIn der sogenannten Diaspora zu leben fällt uns bestimmt nicht leicht. Doch als Minoritätskirche haben wir auch eine Majorität an Vorteilen: Unsere Diözese zählt 52 Pfarrgemeinden, in der knapp 90 Priester tätig sind. Darüber hinaus können wir uns über eine Reihe von Klöstern freuen. Ohne die ganzen Schwestern, Brüder und Patres wäre die Kirche in Dänemark nie wieder aufgebaut worden. Kurz nach 1849 waren die ersten von ihnen schon da, bauten Schulen und Kindergärten, pfegten Kranke und widmeten sich der Gemeindeseelsorge. Bald schickten auch Evangelische ihre Kinder in die katholischen Schulen, denn jeder wußte, daß dort der beste Unterricht erteilt wurde. Heute besuchen 8000 Schülerinnen und Schüler 24 katholische Schulen, acht von zehn Kinder sind nicht katholisch.Mosaik vieler VölkerAm Anfang dieses Jahrhunderts kamen ganz viele polnische Landarbeiter in unser Land. Sie waren meist katholisch und prägten das Leben in Kirche und Gesellschaft. Inzwischen ist unsere Kirche ein buntes Mosaik aus verschiedenen Völkern geworden. In den 50er Jahren kamen Ungarn, später Flüchtlinge aus lateinamerikanischen Diktaturen, aus Vietnam oder Sri Lanka. Die Einwanderung brachte aber auch Probleme mit sich: die Verunsicherung – wie sich gegenüber den Fremden verhalten? Doch in den Pfarren ist es gelungen, darauf eine Antwort zu finden. An gewöhnlichen Sonntagen sind über 50 verschiedene Völker in einem Gottesdienst versammelt. und in Hjørring (nördliches Jütland) sind weit über 90 Prozent der Gemeindemitglieder Vietnamesen – und es geht ganz gut!Mancherorts gibt es aber noch Probleme mit der Sprache. Der Wunsch nach einer Messe in der Muttersprache hat manche Gemeinden geteilt. Und wenn auch Tamilen und Vietnamesen an den allgemeinen Wallfahrten – also „dänischen“ – teilnehmen, so kommen kaum Dänen zu den von Ausländern organisierten Wallfahrten. Auch Ostern und Weihnachten feiern sie am liebsten in ihrer eigenen Sprache – und gemäß ihrer eigenen Kultur. Finanzielles LochUnsere Diözese hat finanzielle Schwierigkeiten, und zwar große. Kirchensteuer gibt es nur in der evangelischen Staatskirche. Unser Bischof, Czeslaw Kozon, sieht es am liebsten, wenn die Katholiken freiwillig ihren Beitrag für die Kirche leisten. Rund 4000 folgen seiner Einladung und zahlen im Jahr rund 10 Millionen Schilling. Gebraucht werden aber rund 70 Millionen. Bisher waren Ansgar- und Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken sehr großzügig; nun müssen wir aber einsehen, daß andere Länder diese Großzügigkeit und Unterstützung dringender brauchen.Märchen und AbenteuerWas wir tun, soll nicht nur den Katholiken nützen, sondern der ganzen Gesellschaft. Selbstverständlich – denn die Erde ist für uns alle da. Wer hat, der soll teilen: ob sein Reichtum aus Essen besteht, aus Wissen oder aus Kraft – es wurde ihm geschenkt, weil es seine Mitmenschen brauchen. Unser Leben als Christ beginnt, wenn „missa est“ – wenn die Messe vorbei ist und jeder von uns in die Gesellschaft hineintritt, um jede Debatte mit christlichen Gedanken zu prägen.Nach und nach ist aus dem Märchen ein Abenteuer geworden; und beides heißt auf Dänisch „eventyr“. Unser Märchen ist schon längst vorbei. Die Ähnlichkeit mit dem Alltag war allmählich zu deutlich geworden. Wer Lust hat und in Gott vertraut, sei eingeladen, die Herausforderungen anzupacken – denn unser Abenteuer fängt jede Minute neu an.Knud Kluge, Herlev