Aufruf: Es ist genug für alle da, Antiarmuts-Aktionswoche
Ausgabe: 1998/41, Armutswoche
06.10.1998 - Kirchenzeitung der Diözese Linz
Die Kirchenzeitung veröffentlicht den vollen Wortlaut des Aufrufes, um unseren Leser/innen die Möglichkeit zu geben, diese Anliegen durch ihre Unterschrift mitzutragen:Die Armen werden ärmer, die Reichen werden reicher. In der EU sind rund 20 Millionen Menschen arbeitslos. Auch in Österreich erreicht die Arbeitslosigkeit Rekordwerte. Mehr als 10 Arbeitslose kommen in Österreich auf eine offene Stelle. In einem der reichsten Länder der Welt leben rund 800.000 Menschen unter der Armutsgrenze. Armut bedeutet, daß den Betroffenen soziale Menschenrechte vorenthalten werden. Die Einkommen aus Gewinnen und Vermögen steigen, die Reallöhne stagnieren oder gehen zurück, den sozial Benachteiligten wurde dagegen durch die Sparpakete noch etwas weggenommen. Diese Politik gefährdet den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft, sie bringt die Grundlagen unserer Demokratie in Gefahr. Daher fordern wir eine Umkehr in Richtung Vollbeschäftigung und Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung. I Offensive Beschäftigungspolitik – Umverteilung der Arbeit.Wenn immer weniger Menschen in immer kürzerer Zeit immer mehr produzieren, brauchen wir eine Umverteilung der Arbeit, damit alle und nicht nur eine Minderheit vom technischen Fortschritt profitiert. Daher fordern wir: Í Generelle Arbeitszeitverkürzung – ohne Lohnverlust (Wochen-, Jahresarbeitszeitverkürzung)Í Recht auf individuelle Formen der Arbeitszeitverkürzung (Teilzeit, Sabbaticals, . . .)II Umverteilung von Kapital und Einkommen.Der Staat braucht ausreichend Spielraum für eine aktive Beschäftigungs-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, sowie für die steuerliche Entlastung der Arbeit. Österreich ist europaweit Schlußlicht bei der Vermögens- und Gewinnbesteuerung. Daher fordern wir:Í Höhere Besteuerung der Gewinne und größeren VermögenÍ Besteuerung des Spekulationskapitals („Tobin-Tax“)Í Initiativen Österreichs zur Einführung einer EU-weiten Energiesteuer und Wertschöpfungsabgabe bei gleichzeitiger steuerlicher Entlastung des Faktors Arbeit.III Bedarfsorientierte Mindestsicherung.Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Sozialhilfe, aber auch viele Billiglohnjobs reichen in den meisten Fällen nicht oder kaum zur Befriedigung der Grundbedürfnisse. Daher fordern wir:Í Mindestlohn in der Höhe von S 15.000,– brutto.Í Bedarfsorientierte Mindestsicherung in der Höhe von S 8.000,– für alle Bezieher/innen von Arbeitslosengeld, Notstands- und Sozialhilfe unter zusätzlicher Berücksichtigung des regional unterschiedlichen Wohnungsaufwandes und unabhängig von der Staatsbürgerschaft.