Ehe – ein Zeichen bedingungsloser Liebe: Zwei Menschen finden sich, gewinnen sich lieb und wachsen zu einer Liebesgemeinschaft zusammen. Dieses Miteinander bringen sie vor Gott und in die Gemeinschaft der Kirche.
Aus der Serie "Sieben Sakramente" von Dr. Michael Max, Teil 5 von 7.
Ausgabe: 2015/32, Ehe, Sakrament
11.08.2015 - Dr. Michael Max
Aber sicher bin ich dann nervös. Und dann kann ich mir den Spruch nicht merken und bleibe hängen!“ Mein Vorschlag an das Brautpaar, sich den Trauungsspruch gegenseitig auswendig zuzusagen und ihn nicht vom Blatt abzulesen, löst ein wenig Unsicherheit aus. Aber eine Liebeserklärung liest man sich halt auch nicht vor. Man nimmt sich bei der Hand, schaut sich an und versucht, das, was man dem Partner oder der Partnerin zusagt, mit dem Herzen zu sagen. Je nachdem welchen Zugang man wählt, können Sakramente entweder verwaltet oder gespendet oder auch gefeiert werden. Gerade beim Sakrament der Ehe ergeben sich dabei ganz unterschiedliche Sichtweisen. Aber am wichtigsten ist, dass die beiden Eheleute tatsächlich das Sakrament sind! Ehe ist nicht nur die Feier in der Kirche und auch nicht nur die Erfüllung aller kirchenrechtlich vorgesehenen Bedingungen zur Gültigkeit.
Ein heiliges Zeichen sein
Die Ehe ist ein Leben – das Leben von Mann und Frau, die sich gegenseitig Liebe und Treue zugesagt haben. Gerade darin werden die beiden zum heiligen Bild, zum Sakrament, wie Gott mit jedem und jeder von uns umgeht. Er sieht uns an, er hält unser Leben in seiner Hand, und er hört nie auf, uns seine Liebe und Treue zuzusagen.
Unser ganzes gemeinsames Leben
„Wo Mann und Frau in Liebe und Treue zueinander stehen, einander ertragen und verzeihen, wird deine Liebe zu uns sichtbar“, so beten wir im Segens- und Hochgebet für die Brautleute. Natürlich ist das nicht mit dem feierlichen Auszug aus der Kirche oder dem abschließenden Festhalten von Freude und Feierlichkeit auf den Hochzeitsfotos getan. Dieses „ein heiliges Zeichen sein“ und „Gottes Nähe spürbar machen“ umfasst das ganze gemeinsame Leben. Es ist und bleibt ein hoher Anspruch, eine große Herausforderung. Es ist und bleibt in seiner Unaufkündbarkeit auch eine Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft der Kirche, die den rein privaten Bereich übersteigt. Und es ist und bleibt eine großartige Zusage, in der kostbare, aber zerbrechliche Dinge wie das Leben und eine liebende Beziehung tief geborgen sein können.
Wozu ein liebender Mensch fähig ist
„Ich nehme Dich an als meine Frau/ als meinen Mann.“ Das Sakrament der Ehe zeigt, wozu der liebende Mensch fähig ist: Ich sage ganz „Ja“ zu Dir! Daran und an Deinem „Ja“ zu mir werde ich Mensch. Ich sage „Ja“ dazu, wie Du geworden bist, wie Du jetzt bist und wie Du sein wirst! Vor allem Letzteres mag ungeheuerlich wirken. Wer weiß schon, wie ein anderer Mensch, wer weiß schon, wie er oder sie selbst in der Zukunft sein wird? Das stimmt schon. Aber die Eheleute haben auch die Zukunft des anderen mit in der Hand. Denn, das trauen sie sich ja gegenseitig zu, dass sie aneinander immer mehr sie selber werden.
So kann Leben gewonnen werden
Eheleute werden aber auch zum spürbaren Zeichen für die Barmherzigkeit Gottes. „Hauptsache wir haben uns gern, die anderen können uns gernhaben …“ – das wäre kein Sakrament! Dass zwei ganz „Ja“ zueinander sagen, wirkt sich aus! Die Ersten, die es zu spüren bekommen, sind die Kinder des Paares, die diesem „Ja“ ihr Dasein verdanken. Aber auch von fremder Not, die es zu lindern gilt, spricht der Trauungssegen. Barmherzigkeit heißt annehmen, Platz geben, Leben zu ermöglichen – jenseits der Angst, zu kurz zu kommen oder dabei etwas zu verlieren. Denn nur so kann das Leben gewonnen werden.