Eucharistie – Stärkung für ein Leben aus dem Geiste Jesu
Ausgabe: 2015/35, Brot, Stärkung, Leben, Glaube, Kirche, Max
25.08.2015 - Dr. Michael Max
Ungeheuer ist viel, aber nichts ungeheurer als der Mensch!“ So heißt es schon in Sophokles’ „Antigone“ im antiken griechischen Theater. Was ist der Mensch? Die Antworten dazu sind tatsächlich nicht ganz geheuer. Auf der einen Seite tun sich Abgründe auf, für die die Beschreibung „der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“ nur blass und peinlich bleibt. Auf der anderen Seite stehen die Fähigkeiten zu Frieden, Gerechtigkeit, Liebe und Hingabe, die die Größe des Menschen ahnen lassen. „Menschlich“ kann „fehlerhaft“ genauso heißen wie es „immer wieder zum Neuanfang fähig“ bedeuten kann. Was ist der Mensch? Das Sakrament der Eucharistie gibt Antwort. Denn die Eucharistie zeigt uns gleichzeitig auch, wer Gott ist. Am Abend vor seinem Leiden war Jesus mit seinen Jüngern zum Mahl beisammen. Er nahm das Brot, sprach das Dankgebet, brach es und gab es seinen Jüngern.
Das bin ich für Euch
Genau das tut die Kirche in Jesu Namen seit 2000 Jahren: In der Gabenbereitung werden Brot und Wein gebracht. Im Hochgebet wird das Dankgebet über diese Gaben gesprochen. Mit dem Begleitgesang des „Lamm Gottes“ wird das Brot gebrochen und in der Kommunion an die feiernde Gemeinde ausgeteilt. So bleibt zu seinem Gedächtnis wirkliche Gegenwart, was Jesus über Brot und Wein gesagt hat: „Das ist mein Leib, das ist mein Blut“ – „Das bin ich für euch!“. Gott teilt in Jesus unsere Menschheit, er teilt sie mit uns bis zum Ende, über den menschlichen Abgrund des Kreuzes hinaus in das auferstandene Leben hinein. Und er hört nicht auf, sie zu teilen!
Geteiltes Leben
In der Feier der Eucharistie bleiben Christen und Christinnen zeitlos um den Tisch des letzten Abendmahles versammelt. Sie stehen gemeinsam mit Jesus und seinen Jüngern, allen bisherigen und künftigen. Sie bringen die Ungeheuerlichkeit des Menschseins, sie hören in den Lesungen ihre Geschichte als Geschichte des Heils und erfahren wirklich sein „Ich bin für euch da!“. Damit das Brot zum Leben wird, muss es zerbrochen und verteilt, muss hingegeben werden. Diesen Weg ist Jesus gegangen, so ist er das „Brot, das vom Himmel kommt“. Er lädt uns ein, ihm auf diesem Weg der Hingabe zu folgen, damit wir erlöst Mensch werden. Gertraud Fussenegger hat in ihren „Biblischen Geschichten“ die Eucharistie zeitlos einfach erzählt: Jesus wollte nicht weggehen aus dieser Welt, ohne sich endgültig in ihr niederzulassen. Er wollte, dass alle Menschen von seiner Liebe eingeholt würden! Ich denke, das ist eine der schönsten Definitionen von Sakrament: „Von Christi Liebe eingeholt, spürbar eingeholt werden.“
Quelle der Kirche
Das Zweite Vatikanische Konzil nennt das mit einem Fachbegriff „das Pascha-Mysterium des Herrn“. Es lebt und es wirkt in aller Sakramentalität der Kirche. So sagt das Konzil auch: Die Feier der Liturgie insgesamt ist Quelle und Höhepunkt des kirchlichen Tuns. Sie kann es sein, weil die Feier der Eucharistie für diesen Ursprung garantiert. Und so ist es kein Widerspruch, wenn gerade die Eucharistie im Speziellen als „Quelle und Höhepunkt“ bezeichnet wird. In ihr lässt uns Gott kosten, wer er wirklich ist und wer wir Menschen wirklich sind. Geheimnis des Glaubens: Im Tod ist das Leben, in der Hingabe liegt die Fülle. Ungeheuerlich!