Betriebsseelsorge Linz-Mitte geht neue Wege der Jugendarbeit
Ausgabe: 1999/23, Nachtschicht, Betriebsseelsorge
08.06.1999
- Martin Kranzl-Greinecker
311.000 Österreicher/innen, das ist knapp ein Zehntel aller Erwerbstätigen, arbeiten bei Nacht. Um einmal am eigenen Leib zu erfahren, was es bedeutet, von 22 Uhr bis 6 Uhr berufstätig zu sein, machten Mitte Mai 18 Jugendliche die Nacht zum Tag und gingen in die „Nachtschicht“.
Bisher wurde diese Form moderner Jugendarbeit in Österreich noch nicht erprobt. Im Rahmen des pädagogischen Konzeptes „City Bound“, bei dem junge Leute aus der Stadt das eigene Umfeld erleben und anders kennenlernen, entwickelte die Jugendleiterin des Betriebsseelsorgezentrums Linz-Mitte, Mag. Karoline Prutsch, die Idee mit der Nachtschicht. Karoline: „Mir ging es vor allem darum, daß sich die Jugendlichen die vier wesentlichen Aspekte nächtlichen Arbeitens anschauen: das Soziale und das Rechtliche einerseits, die Wirtschaftlichkeit und die Gesundheit andererseits.“
Mit so hohen Zielen ausgestattet, startete das Projekt an einem Donnerstag und dauerte bis Sonntag. Der erste Abend – nach einem Tag Sightseeing in der „eigenen“ Stadt Linz – stand noch im Zeichen ausgelassenen Feierns. Gemeinsam zog man in die Großdisco „Nachtschicht“ am Linzer Stadtrand. Allerdings galt das Interesse dabei auch jenen, die hinter den Kulissen arbeiten, damit die Unterhaltungsmaschine läuft.
Die folgenden Tage dienten – nach wohlverdienten Schlafpausen – tagsüber der persönlichen Weiterbildung durch Experten. Abends brachen die Jugendlichen dann in Gruppen auf, um selbst Nachtschicht-Erfahrung zu sammeln. Bei der Telefonauskunft und beim Pizzamann, beim Fernheizwerk, beim City-Radio, bei der Rettung, im Taxi usw. wurde in der letzten Nacht von 21 Uhr bis 4 Uhr früh Dienst gemacht. Am Ende wurden die gewonnenen Erfahrungen gesammelt. Ein Jugendlicher: „Jetzt erst wurde mir bewußt, wieviel Menschen in der Nacht arbeiten müssen. Ich habe vorher nicht darüber nachgedacht, weil diese Arbeit oft selbstverständlich ist und nicht gesehen wird. Ich habe viel Respekt vor diesen Leuten.“