Paradeiser vom Balkon, Öl aus Rumänien, der Fisch aus Polen
Vom 1. September bis 4. Oktober lenkten die christlichen Kirchen mit der fünfwöchigen „Schöpfungszeit“ das Augenmerk auf einen nachhaltigen Lebensstil. Wie nachhaltig oder wenig nachhaltig wir leben, misst der „ökologische Fußabdruck“. Für diesen Artikel habe ich meinen Abdruck gemessen.
Noch bevor ich Essen kaufe, mit dem Auto fahre oder ins Kino gehe, ist in meinem ökologischen Verbrauchs-Rucksack ein österreichisches Startgepäck (Infrastruktur), das dem Gesamtgepäck eines Bewohners von Osttimor oder Afghanistan entspricht. Mit dem „Gewicht“ meines Startgepäcks ist der afghanische Rucksack bei 1,7 „globalen Hektar“ Verbrauch schon fertig gepackt. Ich pack dann noch zwei Mal so viel Persönliches dazu.
Belastender Lebensstil
Wolfgang Pekny, Gründer und Geschäftsführer der „Plattform Footprint“, die den „Ökologischen Fußabdruck“ als wesentliche Maßzahl verankern will, mahnt: „Unser Fußabdruck ist fast dreimal so groß (5 globale Hektar/Person), als er sein dürfte (1,8 globale Hektar/Person), würden wir Rücksicht auf alle Erdenbewohner und auf kommende Generationen nehmen.“
Einkaufen
Ich habe für zweimal Grillen mit Freunden und darüber hinaus den Wochenbedarf eingekauft. Welchen Eindruck, welchen Fußabdruck hat das hinterlassen? „Der beste Einkaufskorb kann keinen Urlaubsflug oder viel Autofahren wettmachen“, sagt Michael Schwingshackl, der sich wie Pekny bei „Footprint“ engagiert. Dennoch: Wie ist das jetzt mit meinen Eierschwammerln, dem Lachs, dem Käse, dem veganen Grillburger, dem Henderl sowie dem Bier, den Bratwürsteln und den Rindsschnitzeln aus dem Umkreis? Fast alles bio. Die Paradeiser sind aus dem Kisterl am Balkon.
Fehlende Angaben
Ich weiß, wenn ich mich bemühe und alle Angaben auf der Verpackung studiere, dass das gekaufte Jogurt etwa 215 Kilometer von meinem Einkaufsort entfernt hergestellt worden ist. Da weiß ich aber immer noch nicht, wo die Kühe weideten. Ich weiß, dass der Mozzarella aus Bergamo kam und die veganen Grillburger fast 900 Kilometer weit gereist sind. Ich weiß auch, dass das Bio-Bratöl einen Herkunftsausweis Rumänien hat und von Deutschland aus vertrieben wird, und dass der Bio-Räucherlachs in Polen verarbeitet worden ist. Aber wo ist er vor der Verarbeitung geschwommen? Pekny kann wegen der fehlenden Produktdaten – die Hersteller müssten dazu verpflichtet werden – nur grobe Größenordnungen angeben. Auf ein Kilo bezogen verursacht Rindfleisch einen Flächenverbrauch von 100 bis 250 gm² (Globalquadratmeter), Hartkäse 80 bis 120 gm2, Schweinefleisch 30 bis 70 gm2, Geflügel 30 bis 60 gm2, Fisch 10 bis 200 gm2. Und dann die Flächenschoner: Getreide verbraucht etwa 8 gm2 Fläche, Kartoffeln 5 gm2 Obst 3 gm2, Gemüse 1 bis 3 gm2 und Salat 1 gm2. Pekny und Schwingshackl von „Footprint“ nennen eine „5-F-Faustregel“ zum fairen Fußabdruck: Fliegen – besser nie; weniger Fleisch und tierische Produkte; weniger Fahrten mit dem Auto; wohnen wie im Fass (gut isoliert, kleiner, öffentlich erreichbar ...); Freude an einem zukunftsfähigen Lebensstil (nicht auf Kosten anderer leben ...).
Selbsttest
Mir hat der „Footprint-Rechner“ des Lebensministeriums aufgrund meiner Angaben 4,64 Global-Hektar Naturverbrauch übers Jahr errechnet (32 % davon für die Infrastruktur, 11 % fürs Wohnen, 17 % für die Ernährung, 16 % für den sonstigen Konsum und 24 % für die Mobilität). Ohne Katze wäre er um 400 gm² geringer.
Zum Thema
Ökologischer Fußabdruck. Er bemisst, wie viel Land- und Wasserfläche eine Person benötigt, um ihren Bedarf an Mitteln und Gütern zu decken und ihre Abfälle zu neutralisieren. Maßstab „Global-Hektar“. Der ökologische Fußabdruck wird u.a. in „Global-Hektar“ (gha) gemessen. 1 gha entspricht einem Hektar weltweit durchschnittlicher biologischer Produktivität. Es ist eine einheitliche „Währung“, die die unterschiedliche Fruchtbarkeit von Böden berücksichtigt und weltweit vergleichbar macht. Bei fossilen Energieträgern wird die benötigte Fläche errechnet, um die bei der Verbrennung entstehenden Emissionen von CO2 durch Wälder und Ozeane zu binden. Footprint-Rechner. Es gibt mehrere, z. B. auf www.mein-fussabdruck.at/ bzw. auf www.footprint.at