Manche sähen es wohl gerne, würde die katholische Kirche zu Entschädigungszahlungen für Zwangsarbeiter/innen während der NS-Zeit verdonnert. Im Moment sieht es allerdings nicht so aus, als wären Bischöfe, Klöster, kirchliche Heime oder Pfarren zur Zeit der Nazi-Diktatur Nutznießer unmenschlicher Versklavung gewesen. Die Wirtschaft hingegen, einschließlich sehr großer Unternehmen des Landes, wird von den Schatten der Vergangenheit eingeholt. Das geschichtlich blinde Auge beginnt zu sehen. Und doch gibt es da Leute, die meinen, man solle diese Zeit endlich in Frieden lassen. Es sei ein Skandal, sagen sie, das alles Jahrzehnte später wieder aufzurollen. Der eigentliche Skandal freilich ist, dass diese Frage so lange zugedeckt wurde und es nun kaum mehr Überlebende gibt! Niemand darf so tun, als hätte es damals nicht auch in den christlichen Kirchen viele Sympathisanten für Hitlers Weg gegeben. Die Rolle, die der Papst in Rom und die Bischöfe spielten, ist bis heute Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Erst letzte Woche hat der Vatikan erneut seine Archive in dieser Sache geöffnet. Unbestreitbare Tatsache aber ist, dass Schatten der Vergangenheit, sofern sie die Kirche betreffen, nicht in eine einzige Richtung zeigen. Drangsalierte, Verfolgte, Inhaftierte und Hingerichtete – von Franz Jägerstätter bis P. Gapp – sind glaubwürdige Zeugen kirchlichen Widerstandes. Wer dies übersieht, ist ebenfalls geschichtsblind.