Es geht im Fall des knapp vor der Inbetriebnahme stehenden Atomkraftwerkes Temelin nur wenige Kilometer nördlich unserer Landesgrenze nicht um Angstmacherei und Panikgeschrei. Worum es aber geht, ist ein mangelhaftes Kraftwerk, dessen Baumängel sogar von tschechischen Beamten schon eingestanden wurden. Worum es geht, ist ein unseliges, fast blindes Vertrauen in die Atomtechnologie, obwohl diese viele kleinere Pannen und jenen immensen Supergau vor vierzehn Jahren in Tschernobyl verursacht hat.
Es geht nicht um einen drohenden Zeigefinger oder um die Diskriminierung eines Nachbarstaates. Worum es aber geht, ist die klare Unvereinbarkeit eines gewünschten Beitritts Tschechiens zur Europäischen Union mit einer Politik, die ohne Rücksicht auf den Willen und die Sicherheit der eigenen wie der benachbarten Bevölkerung durch Jahre alle Einwände gegen Temelin ignoriert hat.
Es geht weder um ein letztes Aufgebot noch um Schicksalsergebenheit. Radioaktive Gefahr kennt bekanntlich keinen Unterschied zwischen Engagierten und Wurschtigen, zwischen Hüben und Drüben, Dafür und Dagegen, Alt und Jung, Gläubig und Ungläubig, Stadt und Land.
Wer ein Atomkraftwerk der Marke Temelin in Betrieb nimmt, handelt fahrlässig. Die Tschechische Republik wird ihr Gesicht nicht verlieren, wenn sie die Notbremse zieht und Temelin stoppt. Im Gegenteil: Jetzt kann sie erst recht zeigen, dass sie menschengerecht handelt.