Zu einer „armen Kirche für die Armen“ möchte Papst Franziskus die katholische Kirche umbauen. Es klingt kurios: In einer solchen Kirche ist Geld – der transparente Umgang mit Geld – besonders wichtig. Der Weg dorthin ist steinig, wie die Enthüllungen über die Finanzen des Vatikan zeigen.
Ausgabe: 2015/46, Peterspfenning, Papst, Vatikan
10.11.2015 - Josef Wallner
Die Veröffentlichung des Buches „Alles muss ans Licht“ über die laufende Finanzreform im Vatikan hat wie eine Bombe eingeschlagen. Der Autor Gianluigi Nuzzi präsentiert darin Dokumente, die unterschlagen und an ihn weitergegeben wurden. Diese Papiere lassen tief in den Filz rund um die Geld-Gebarung und in die noch tieferen Finanzlöcher des Vatikans blicken. Vermutlich haben ein Priester und eine Laienmitarbeiterin die vertraulichen Akten dem Journalisten Nuzzi gesteckt. Aber die Brisanz des Inhalts lässt diese Frage in den Hintergrund treten.
Finanzen sind Chefsache
Wie heiß die Sache ist, zeigte sich am vergangen Sonntag. Papst Franziskus selbst nahm öffentlich Stellung. Nach dem Angelusgebet nannte er die Weitergabe der Dokumente einen „beklagenswerten Akt, der nicht hilfreich ist“. Gleichzeitig stellte er klar, dass ihn „gewiss nichts von seiner Arbeit der Reform abbringt.“ Das Problem der maroden Finanzen ist seit langem bekannt. Aber erst Papst Franziskus hat es energisch angepackt. In einer vertraulichen Sitzung am 3. Juli 2013 ließ der Papst die mit den Wirtschaftsfragen des Vatikans und des Heiligen Stuhls befassten Kardinäle erbleichen. Er sagte ihnen auf den Kopf zu, dass „sämtliche Kosten außer Kontrolle sind“ und dass das Wirtschafts- und Finanzmanagement so gut wie an allen Stellen unprofessionell ist. Der Schock war groß, denn die Kardinäle merkten, dass sich „Seine Heiligkeit“ nicht wie seine Vorgänger mit Versprechen der Besserung abspeisen lassen würde.
Eingreiftruppe des Papstes
Wenige Tage später schon nahm eine vom Papst aus internationalen Finanzleuten zusammengesetzte Expertengruppe, die „Cosea-Kommission“, ihre Arbeit auf. Sie hat den Auftrag, den Vatikan zu durchleuchten. Vom Rentenfond über die Immobilien bis zu den Wohnungen der Kardinäle interessiert die Cosea-Leute alles, bis ins Detail. Der Umgang mit dem „Peterspfennig“ soll als ein Beispiel ihrer Arbeit herausgenommen werden. Denn er betrifft jeden Gläubigen, der am Sonntag rund um den 29. Juni zur Kirche geht. Da wird jährlich der „Peterspfennig“ gesammelt, der nach Rom überwiesen und der – so im allgemeinen Bewusstsein der Gläubigen – für karitative Zwecke verwendet wird. Doch die Dokumente, die Nuzzi vorliegen, zeigen, dass das nur zu einem kleineren Teil auch zutrifft. Etwa 20 Prozent gehen an konkrete Hilfsprojekte, der Rest wird für die Abdeckung des Defizits von vatikanischen Stellen gebraucht, schreibt Nuzzi. Von den weltweit 53,3 Millionen Euro an „Peterspfennigen“ im Jahr 2012 seien Millionen an Radio Vatikan und an die vatikanische Druckerei gegangen. Weiters sei Geld aus diesem Budgetposten für den Unterhalt von Nuntiaturen verwendet worden. Das ist kein Missbrauch. Ein weit dehnbarer Paragraph im Statut des Peterspfennigs macht das möglich. Aber die Cosea-Kommission fordert ohne Wenn und Aber Transparenz in der tatsächlichen Verwendung der Mittel.
Chaos bei den Heiligen
Ein weiteres vordringliches Feld der Reform tut sich in der Kongregation für Heilig- und Seligsprechungen auf. In den Büros der Postulatoren, jener 450 Kleriker und zwei Laien, die zurzeit 2500 anhängige Fälle von Heilig- und Seligsprechungen betreuen, sollen erhebliche Bargeldbeträge eintreffen, die nicht ordnungsgemäß verbucht würden, erhob die Cosea-Kommission. Nuzzis Buch ist für Menschen, die der Kirche verbunden sind, unangenehm zu lesen – weil die Fakten stimmen. Wie sehr würde man sich bald ein Fortsetzungsbuch wünschen, das von erledigten Baustellen berichtet.