Vor Gericht sollen 18-Jährige bald als erwachsen gelten
Ausgabe: 2000/46, Jugendstrafe, Gefängnis
14.11.2000
- Judith Moser
Die Regierung will das Volljährigkeitsalter von 19 auf 18 Jahre herabsetzen. Gleichzeitig soll auch die Altersgrenze für das Jugendstrafrecht fallen.
„Der Eintritt in die Welt der Erwachsenen ist für mich nicht nur mit mehr Rechten, sondern auch mit mehr Pflichten und mehr Verantwortung verbunden.“ Justizminister Dieter Böhmdorfer (FPÖ) begründet so, warum 18-Jährige ab 1. Jänner 2001 nach dem Erwachsenen-Strafrecht behandelt werden sollen. Das Jugend-Strafrecht soll dann nur mehr für 14- bis 17-Jährige gelten. Nachdem alle Regierungsmitglieder diesem Vorschlag zugestimmt haben, beschäftigt sich derzeit der Justizausschuss im Nationalrat damit. Vorsitzende ist Maria Fekter, Abgeordnete der ÖVP. Auch sie befürwortet die Änderung mit dem Argument der „Pflicht und Verantwortung“.
Vorbeugende Wirkung
Justizminister Böhmdorfer meint, dass mit der Änderung die Richter Strafen besser an die jeweilige Situation anpassen können. Junge Erwachsene mit einer „außergewöhnlich starken kriminellen Energie“ könnten anders behandelt werden als solche, die in einer schwierigen Situation „auf die schiefe Bahn gekommen sind“. Die Herabsetzung der Altersgrenze würde auch eine vorbeugende Wirkung haben. Der Justizminister rechnet durch die längeren Haftstrafen mit Mehrkosten von bis zu vier Millionen Schilling jährlich.
Gegenargumente
Gegen diese Absenkung der Altersgrenze beim Strafrecht gibt es Widerstand. „Die Jugendkriminalität steigt, wenn das soziale Umfeld nicht stimmt, und nicht deshalb, weil man das Jugendstrafrecht anwendet“, sagt etwa Barbara Helige, Präsidentin der österreichischen Richtervereinigung. Sie hält ein „Heranwachsendenstrafrecht“ für sinnvoller. Ein eigenes Strafrecht für junge Erwachsene gibt es bereits in mehreren Ländern in Europa. Auch Gottfried Boubenicek, Leiter der Wohngemeinschaft für Haftentlassene in Wels spricht sich dafür aus. Besser als kriminalisierende Haftstrafen wären seiner Ansicht nach „Hilfestellungen“ – etwa Auflagen wie gemeinnützige Arbeit, Geldstrafen, Therapie oder betreutes Wohnen. Christine Winkler-Kirchberger ist OÖ. Kinder- und Jugendanwältin und Sprecherin der OÖ. Plattform für ein modernes Jugendstrafrecht. Auch die Plattform setzt sich für ein „Heranwachsendenstrafrecht“ ein. Christine Winkler-Kirchberger geht davon aus, dass die Änderung im Parlament beschlossen wird, sagt aber: „Ich würde mir wünschen, dass das noch einmal gründlich diskutiert wird.“