Zehn Monate wurde in Brüssel um die Grundrechte-Charta gerungen. Für die katholischen Bischöfe in der EU verfolgte Goia Scapucci die Entwicklungen im Konvent.
„Warum ich nach Brüssel gekommen bin? Italiens Bischöfe wollten ein Fenster zur Europäischen Union öffnen “, erzählt Goia Scapucci. „Und als ich gefragt wurde, das zu tun, habe ich natürlich sofort zugesagt.“ So ist die 29-jährige Römerin vor 15 Monaten bereits zum zweiten Mal nach Belgien übersiedelt. Denn neben Rom und London hatte sie auch in Brügge studiert. Die Expertin für Europarecht ist jedoch nun als „Lobbyistin“ in der Europahauptstadt tätig. Von der rue Stévin aus, inmitten des Brüsseler EU-Viertels, versucht Goia Scapucci Informationen nach Italien weiterzuleiten und die Interessen der italienischen Bischöfe zu vertreten. In der Sache nichts Außergewöhnliches für Brüssel, mehrere tausend Lobby-isten verfolgen in der EU-Zentrale ähnliche Ziele. Doch kirchlich wird das kaum wahrgenommen. Außer Italien leistet sich nur Österreich den direkten Draht: der Theologe Michael Kuhn führt seit 1997 das Ein-Mann-Büro.
Seit dem 17. Dezember 1999 hat Goia Scapucci jedoch noch ein weiteres Fenster aufgetan. Die Mitarbeiterin im Büro der EU-Bischofskonferenzen (ComECE) beobachtete von Anfang an alle Beratungen zur Grundrechte-Charta. „Die Verhandlungen waren interessant, vor allem aber überraschend“, meint Scapucci. Mit großer Kompetenz hat die Expertin aus Rom gemeinsam mit ComECE-Kollegen dazu beigetragen, für so manche kirchliche Kritik an der Charta noch rechtzeitig eine Änderung zu erwirken.