Kommentar von Walter Achleitner u. Hans Baumgartner
Ausgabe: 2000/51, Kommentar
21.12.2000
Viel Heuchelei
Ein Zeichen des Friedens sollte sie sein, die Tanne aus dem Gurktal auf dem Petersplatz in Rom. Weil in ihrem Gefolge auch Landeshauptmann Haider nach Rom kam, wurde daraus ein Reibebaum. Schon im Vorfeld hagelte es Proteste, bei der Ankunft kam es zu Demonstrationen und Gegendemonstrationen mit 60 Verletzten. Haider selbst hatte, wie es seine Art ist, durch unqualifizierte Wortmeldungen in die hochgehenden Wogen noch kräftig hineingeblasen, anstatt alles zu tun, um sie zu glätten. Aber auch, wenn er artig gewesen wäre, hätte es Stunk gegeben. Der relativ unbedeutende Landeshauptmann aus dem kleinen Kärnten ist der Bösewicht Europas. So wollen es links-liberale Medien und Politiker. Er dient ihnen als willkommenes Feindbild, um zu zeigen, wer die Werte Europas hochhält. Nur – warum demonstriert niemand von diesen so um die Werte besorgten Herrschaften, wenn Herr Putin oder andere Kriegsherren den Papst besuchen!? Vielleicht, weil vieles am Haider-Lärm scheinheilige Heuchelei ist.
Wenig Gnade
Als ein Jahr der Vergebung und des Neuanfanges war es gedacht, das Heilige Jahr 2000. Für wen könnte das spürbarer werden als für Gefangene. Nicht umsonst hat sich der Papst persönlich dafür eingesetzt, dass der zu lebenslanger Haft verurteilte Papstattentäter Ali Agca begnadigt wurde. Und von Madagaskar bis Bolivien haben sich auf Initiative der Kirche hin die Zellentüren für Gefangene frühzeitig geöffnet. In Österreich war davon nichts zu spüren. Die Kirche hat es der Gesellschaft erspart, diese unpopuläre Forderung zu stellen: straffällig gewordenen Menschen zu vergeben.