Konflikte ohne Gewalt zu lösen haben manche nie gelernt
Ausgabe: 2001/02, Gewalt
09.01.2001
- Judith Moser
Wer gleich zuhaut, muss nicht stark sein. Manche fühlen sich so anerkannt.
Ein 20-Jähriger wurde von drei Jugendlichen schwer verletzt. Die Burschen haben ihn in einem Lokal über eine Treppe gestoßen. Ohne ihn vorher anzustänkern oder auffällig betrunken zu sein. Der 20-Jährige lag daraufhin einige Wochen lang wegen eines Oberschenkelhalsbruchs im Krankenhaus. Für Andreas Hasibeder vom Dekanat Wels-Stadt war das der Anlass, zwei Kripo-Beamte zum Dekanats-Leitungskreis einzuladen. Er wollte wissen, ob Gewalt unter und von Jugendlichen „normal“ oder verstärkt zu merken ist. Eines vorweg: Die Jugendlichen in Wels sind nicht gewalttätiger als in irgendeiner anderen Stadt in Österreich.Die Polizisten waren offensichtlich selbst daran interessiert, über ihre Situation sprechen zu können. Sie waren sich einig, dass mehr Arbeit in der Prävention nötig wäre, doch die Polizei hätte nicht die Möglichkeit dazu. Hier wären die Schule oder die Eltern gefragt. Die Jugendlichen müssten lernen, mit Konflikten umzugehen.
Viele Jugendliche sind deswegen gewaltbereit, weil ihr Ansehen in ihrer Gruppe damit steigt. Neu in der Jugendszene ist, dass sich rechte Gruppen untereinander bekämpfen, und das nicht gerade zimperlich. Die Kripo-Beamten haben auch die Rolle des Außergerichtlichen Tatausgleichs für Jugendliche betont. Jugendliche kommen damit nicht automatisch vor Gericht, wenn sie angezeigt werden, sondern lernen mit einer Vermittlerin oder einem Vermittler eine Gesprächsbasis mit ihrem Opfer zu finden. Es ist um einiges schwieriger, direkt mit einem Opfer seiner eigenen Gewalt zu sprechen, als nur dessen Zeugenaussage mitanhören zu müssen.Und die beste Strategie, wenn man angepöbelt wird: abhauen!
Buchtipp zum Thema (wie du Gefahren erkennst und dich schützen kannst – auchaußerhalb der Schule!) Helmut H. Erb, Gewalt in der Schule und wie du dich dagegenwehren kannst, Verlag Ueberreuter, S 168,–.