Kommentar von Walter Achleitner und Hans Baumgartner
Ausgabe: 2001/03, Kommentar
17.01.2001
Es trifft die Armen
Das wahre Ausmaß, das ein Erdbeben am letzten Samstag in El Salvador und Guatemala angerichtet hat, lässt sich noch gar nicht abschätzen. Nur zwei Jahre nach dem Wirbelsturm Mitch schlägt erneut eine Naturkatastrophe in Mittelamerika eine Schneise des Todes. Und es trifft wieder die Ärmsten der Armen. In einer Siedlung am Stadtrand von San Salvador wurden alleine über tausend Menschen vom Schlamm begraben. Die Häuser waren neu errichtet und die Baufirma hatte trotz heftiger Kritik nicht die minimalsten Sicherheitsvorkehrungen beachtet. Dabei gilt das Land als höchst erdbebengefährdet. Auch 1998 wurde die Hurrikan-Warnungen nicht ernst genommen. Zwar lassen sich Erdbeben oder Wirbelstürme nicht vermeiden, jedoch die politischen Fehlentscheidungen, die verantwortlich sind, dass Naturphänomene so viele Opfer verursachen.
Der Götze Markt
Vor einer „lebensfeindlichen Rangordnung der Werte“ warnte der Pastoraltheologe Paul M. Zulehner auf dem ÖVP-Bundeskongress. Auch in Österreich frisst die neoliberale Wirtschaftsphilosophie immer mehr Löcher in jenes lebensfreundliche Gesellschaftsmodell, das Josef Riegler die öko-soziale Marktwirtschaft nannte. Immer mehr Bereiche des Lebens werden den Gesetzen des Marktes überlassen. Das führt dazu, dass jene Lebensphasen, die dem Götzen des markttauglichen Menschen nicht mehr (ganz) entsprechen, zunehmend als störend empfunden werden: Kinder, Behinderte, Pflegebedürftige, Sterbende. Der Zug ist schon unterwegs: sinkende Geburtenzahlen, genetische Auswahl und eine zunehmende Akzeptanz für die Euthanasie .