Von einem „Meilenstein“ und einem „Quantensprung“ in der Familienpolitik sprachen die Regierungsmitglieder. Und die Umstellung vom bisherigen erwerbsabhängigen Karenzgeld zum Kinderbetreuungsgeld für alle ist tatsächlich ein grundsätzlicher Wechsel: Nicht mehr der Verdienstentgang während der „Babypause“ soll abgegolten werden, sondern die Betreuungsleistung der Eltern. Damit bekundet der Staat, dass Kinderbetreuung nicht bloß Privatsache ist, sondern eine Arbeit im Interesse des Gemeinwohls. Unterstrichen wird dieses wichtige Signal durch die echte Anrechnung der Betreuungsarbeit für die Pension.
Familienpolitische Maßnahmen sind aber auch darauf abzufragen, welche sozialen, wirtschaftlichen und geschlechterspezifischen Auswirkungen sie haben. Und da ergeben die jüngsten Vorschläge der Regierung und der anhaltende Streit zwischen den Ministern ein zwiespältiges und verwirrendes Bild. Es ist sicherlich ein sozialer Fortschritt, dass nun alle Mütter (Väter) Kindergeld bekommen. Ein Rückschritt aber wäre es, wenn der durch vorherige Erwerbstätigkeit erworbene Anspruch auf Arbeitslosengeld durch den Kindergeldbezug gelöscht würde. Problematisch ist auch, dass der Kündigungsschutz sechs Monate kürzer ist als der mögliche Kindergeldbezug und dass die Wiedereinstiegs-Programme äußerst vage sind. Die relativ knappen Zuverdienstgrenzen werden die gewollte Väterkarenz weiter verhindern. Der wahltaktische „Schnellschuss“ der Regierung hatscht an vielen Ecken und Enden. Damit wirklich ein „Meilenstein“ daraus wird, sollte die Regierung gründlich nachsitzen und auf Fachleute hören.