Seit Jahren wurde über ein neues ORF-Gesetz und ein Privatfernsehgesetz ergebnislos diskutiert. In der Karwoche hat die Regierung dazu Gesetzesentwürfe vorgelegt.
Knapp vor Ostern hat der von Bundeskanzler Schüssel eingesetzte „Weisenrat“ seine Vorstellungen für die ORF-Reform vorgelegt. Mitglied dieser Vierergruppe war neben Gerd Bacher, Alfred Payrleitner und Heinrich Keller auch der katholische Publizist Fritz Csoklich. Er gehörte zu jenen Chefredakteuren unabhängiger Tageszeitungen, die 1964 das Volksbegehren für einen parteiunabhängigen Rundfunk initiiert haben. „Eine Reform des ORF-Gesetzes ist aus mehreren Gründenlängst überfällig“, meint Csoklich zur Kirchenzeitung. Deshalb habe er die Mitarbeit zugesagt.
Diktat der Parteien
Das Anliegen des Volksbegehrens, einen weitgehend politisch unabhängigen Rundfunk zu schaffen, sei bereits 1974 zerstört worden, als Kreisky das ORF-Gesetz wieder ändern ließ, meint Fritz Csoklich. „Damals wurden die Weichen gestellt, dass die Parteisekretariate und Ministersekretäre im ORF-Kuratorium die Fäden ziehen. Und wenn sich jetzt – zum Ärger der SPÖ – die neue Regierungspartei FPÖ im ORF-Kuratorium breit macht, dann geschieht das völlig legal auf der Basis des Kreisky-Gesetzes, das die SPÖ nie geändert hat, solange sie selber an der Macht war.“ Csoklich hält es daher für einen wesentlichen Fortschritt, wenn die Regierung für das neue Rundfunkgesetz vorschlägt, dass kein aktiver Politiker in einem ORF-Gremium sitzen darf. Er verstehe nicht, so Csoklich, warum jetzt manche Oppositionspolitiker und Medien so tun, als ob das nur eine Augenauswischerei wäre. Er sei überzeugt, dass Frauen und Männer, die auf Grund ihrer Kompetenz in der Wirtschaft, Wissenschaft oder Kultur in den neuen Stiftungsrat entsandt werden, das Wohl des Unternehmens und die Anliegen der Zuschauer mehr im Blick haben als politische Mandatare. Von denen werde ja erwartet, dass sie die Interessen ihrer Partei zuerst vertreten. Kritik übt Csoklich daran, dass trotz der negativen Erfahrungen mit dem viel zu großen Kuratorium (35 Mitglieder) der Stiftungsrat nicht verkleinert werden soll.
Quote ist nicht alles
Der eigentliche Auftrag des „Weisenrates“ war es, den Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu klären. Dafür gab es nach Meinung Csoklichs zwei Gründe: Zum einen ging es um eine auch inhaltliche Abgrenzung des öffentlich-rechtlichen ORF gegenüber privaten Radio- und Fernsehanbietern. Zum andern sollte auch die wachsende Anpassung des ORF an die Kommerzprogramme deutscher Privatsender kritisch hinterfragt werden. Zufrieden ist Csoklich, dass „unsere Vorschläge zum Programm im Wesentlichen von der Regierung übernommen wurden“. So etwa die Forderung, dass wenigstens auf einem Kanal zur Hauptsendezeit auch ein Qualitätsprogramm zu bringen ist. „Ein Sender, der wesentlich auch über Rundfunkgebühren finanziert wird, darf nicht nur auf die Quote und auf das zahlungskräftige Publikum schauen, er muss auch die Qualität und die unterschiedlichen Zuschauerbedürfnisse aller Gruppen berücksichtigen. Ich verstehe nicht“, so Csoklich, „warum einige Mediengiganten (Krone, News …) und die ORF-Führung so tut, als ob wir den ORF vom Markt drängen wollten. Es gibt ja auch genug Qualitätsprogramme, die hohe Zuschauerzahlen haben, wie die legendären Portisch-Dokumentationen oder das ,Universum‘. Man muss sich eben anstrengen.“
Wenig Gehör gefunden
Nicht berücksichtigt wurden die „Weisenrats“-Forderungen, die Werbezeit zu verkürzen sowie Sendungsunterbrechungen durch Werbung und „Schleichwerbung“ einzuschränken. Die im Sinne der Medienvielfalt berechtigte Forderung, dass für Printmedien, die einen Marktanteil von über 30 Prozent haben, im Fernsehen nicht geworben werden darf, wurde nach lautem Mediengeschrei ebenfalls fallen gelassen. Jetzt soll es eine Werbebeschränkung für alle Printmedien auf zwei Minuten pro Woche geben. Nicht durchgekommen ist der „Weisenrat“ auch mit seinem „Sauberkeitsgebot“, wonach regelmäßige Programmgestalter des ORF nicht in der kommerziellen Werbung auftreten bzw. gleichzeitig für andere Medien arbeiten dürfen. „Da hat sich in den letzten Jahren eine unerträgliche Freunderlwirtschaft breit gemacht“, bedauert Csoklich.
Glaube im ORF
Mehr Religion im Fernsehen
Die Diskussion um den öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF zeigt Wirkung. Zumindest kündigte Generalintendant Gerhard Weis unter Berufung auf diesen Auftrag mehr Information (Europapanorama), mehr Dokumentation (Brennpunkt) und mehr Religion an.
Seit Mitte April strahlt der ORF seine Religionssendung „kreuz & quer“ nicht mehr 14-täglich, sondern wöchentlich aus. 25 zusätzliche Sendestunden stehen der Religionsabteilung im Fernsehen zur Verfügung. „Wir werden uns bemühen, unseren Zuschauern (derzeit rund 131.000 pro Sendung) trotz des knappen Budgets eine anspruchsvolle Mischung an Eigenproduktionen, Koproduktionen (besonders mit BBC, ARTE und Bayerischem Rundfunk) und eingekauften Dokumentationen zu bieten“, sagt TV-Religionschef Gerhard Klein. Außerdem soll es in „kreuz & quer“ acht Mal im Jahr unter dem Titel „Philosophicum“ Diskussionen zu brennenden Fragen der Zeit geben. Klein nennt Stichworte wie Embryonenforschung, Klimaschutz, Euthansie, Fremdsein oder New Economy.
Zusätzlich bereitet die Religionsabteilung gemeinsam mit dem Bayerischen Fernsehen eine zehnteilige Dokumentationsreihe über Donauklöster vor. „Das sollen keine Kunstsendungen werden“, betont Klein. „Wir wollen schauen, wie die Klöster ihren Auftrag heute leben.“
Um das gelebte Zeugnis von Menschen geht es Klein auch in der Sendereihe „FeierAbend“, die an 15 Feiertagen ausgestrahlt wird. „Gegen die Tendenz, das Christentum auf eine ,Sozialreligion‘ zu reduzieren, soll hier gezeigt werden, wie der Glaube Menschen zutiefst trägt.“