Leitartikel von Chefredakteur der Kooperationsredaktion Hans Baumgartner
Ausgabe: 2001/21, Euthansie, Holland, Baumgartner, Menschlichkeit, Tötung, Alter
22.05.2001
- Hans Baumgartner
Wehe uns, wenn das ewige Sittengesetz durch Nützlichkeitsdenken abgeändert wird. Dann gibt es kein Halten mehr auf dieser abschüssigen Bahn.“ So kommentierte der Berliner Bischof Konrad Preysing 1941 den populären Spielfilm „Ich klage an“. Dieser versuchte, die Todesspritze für eine todkranke Frau als „Gnadentod“ aus Liebe zu verkaufen und damit den wachsenden Widerstand gegen die Tötung Behinderter und dementer Alter (Euthansie) zu unterlaufen. Wer einmal den Weg der „Tötung auf Verlangen“ beschritten hat, muss immer weitergehen, kritisierten Politiker und Kirchenleute in Holland bereits vor Jahren. Die Praxis bestätigt sie auf erschreckende Weise.
Auf eine ähnlich schiefe Bahn könnte auch die Fortpflanzungsmedizin geraten. Entwickelt, um kinderlosen Paaren zu helfen, droht sie immer mehr zum Türöffner lebensfeindlicher Praktiken zu entarten. Und vor jede Tür pickt eine geschickte Lobby das Schild „Menschlichkeit“. Ist es nicht human, der Frau mehr Eizellen zu entnehmen, als man auf ein Mal einsetzen kann? Das erspart ihr bei weiteren Versuchen unnötige Torturen. Ist es nicht human, die Reserve-Eizellen befruchtet einzufrieren, weil dadurch die Aussichten auf ein Kind größer sind? Ist es nicht human, nur jene Embryonen einzusetzen, die gesunde Kinder versprechen? Am Ende bleiben viele Embryonen übrig. Und, so die Fortschrittspropheten, es wäre doch unethisch, diese einfach wegzuwerfen, anstatt sie – zum Wohl vieler – in der Medizinforschung zu „verwerten“.