Stift St. Florian: Augustiner Chorherren stellen Weichen für die Zukunft
Ausgabe: 2002/47, St. Florian, Neuwirth, Grammer, Gragger, Brot, Chorherren-Brot
19.11.2002 - Josef Wallner
Propst Wilhelm Neuwirth (rechts) und Gastmeister Gernot Grammer (Mitte) holen den ersten Laib des Florianer-Chorherren-Brotes aus dem Ofen. Helmut Gragger (links) aus Ansfelden hat das Bio-Brot kreiert und bäckt es aus dem Getreide der Biolandwirtschaft des Stiftes St. Florian. Verkauft wird das neue Brot in der – ebenfalls neu gestalteten – Stiftspforte und in Linzer Geschäften.
Die Gemeinschaft wird seit Jahren kleiner, die Aufgaben bleiben gleich: Um den Anforderungen gewachsen zu sein, erarbeiten die Chorherren in einem Gesprächsprozess ihre Ziele für die nächsten Jahre.
„Vor zwei Jahren hätte ich geglaubt, wir kommen noch ein Jahrzehnt über die Runden“, gibt Propst Wilhelm Neuwirth unumwunden zu. Der völlig unerwartete Tod von zwei Mitbrüdern – beide Pfarrer großer Gemeinden – machte seiner Hoffnung einen Strich durch die Rechnung. Die Personalsituation war plötzlich dramatisch geworden. Als Wilhelm Neuwirth im Oktober 1977 zum Propst gewählt wurde, gehörten dem Stift St. Florian 68 Chorherren an, heute, 25 Jahre später, sind es 39. Und die Kernaufgabe ist gleich geblieben: Dem Stift St. Florian sind 33 Pfarren zur Seelsorge anvertraut, so viele Gemeinden wie sonst keinem österreichischen Stift.
Prälat Neuwirth: „Damit wir nicht ständig die Getriebenen sind, beschloss die Gemeinschaft einstimmig einen Zukunftsprozess zu starten.“ Nach einem halben Jahr Arbeit in Kleingruppen trafen sich kürzlich die Chorherren zu einer ersten Bilanz. Die Ergebnisse sind für Prälat Neuwirth sehr ermutigend: „Jenseits aller einzelnen Maßnahmen wird uns verstärkt bewusst, dass wir Florianer Chorherren als Gemeinschaft uns gegenseitig tragen. Dieser rote Faden zieht sich durch alle Beratungen.“
Konkret arbeiten fünf Gruppen an den Kernthemen der Zukunft des Stiftes. Die Gruppe „Unser Ordensleben“ ist dabei, kurz und prägnant die „Mission“ – ein Leitbild – der St. Florianer Chorherren zu erarbeiten.
Ein weiteres Team beschäftigt sich mit dem Stift und den Pfarren. Während der kommenden Monate möchte Prälat Neuwirth die Pfarrgemeinderäte der Stiftspfarren mit dem Zukunftsprozess vertraut machen: „Die Menschen in den Stiftspfarren können sich gewiss sein, dass wir sie nicht allein lassen. Wir möchten Wege finden, wie der Glaube lebendig bleibt.“ Wichtig ist Prälat Neuwirth aber, Seelsorge nicht unter dem negativen Blickwinkel von „zu wenig Priester“ zu definieren, sondern positive Lösungen zu entwickeln: So könnte der Pfarrermangel zu einer neuen Vielfalt an Gottesdienstformen führen. Um die Pfarren auf ihrem Weg unterstützen zu können, möchte sich das Stift verstärkt als geistliches Zentrum etablieren. Die räumlichen Voraussetzungen werden gerade geschaffen. Es wird der „Zwischentrakt“ saniert, in dem zwanzig Nächtigungsmöglichkeiten entstehen.
Das Stift St. Florian hat auch einen festen Platz in der Kulturlandschaft Oberösterreichs und ist ein gesuchter Ort für Konzerte. Dieses Markenzeichen möchten die Chorherren stärken: „Für welche Veranstaltung auch immer wir den Marmorsaal vermieten, die Besucher sollen den Geist des Stiftes spüren – unaufdringlich, aber erkennbar.“
Ein Angelpunkt des Zukunftsprozesses ist die Sorge um die Berufungen. Die Erfahrungen des letzten Jahrzehnts zeigen, dass sich Männer vornehmlich erst nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung für den Eintritt ins Kloster interessieren, so Propst Neuwirth: „Wir müssen in einer anderen Altersgruppe als bisher suchen.“
Zu Ostern 2003, hofft Prälat Neuwirth, soll der Zukunftsprozess mit dem Beschluss konkreter Vorhaben abgeschlossen werden.