Ausgabe: 2003/11, Fastentücher, Raum, Wien, St. Elisabeth, Graf, Fastentuch
11.03.2003
- Elisabeth Leitner
Fastentücher verhüllen während der Fastenzeit Kruzifixe, Altarbilder und Bilder Jesu am Kreuz.
In der Fastenzeit stellt die Kirchenzeitung moderne Fastentücher vor, die in verschiedenen Kirchen in ganz Österreich gezeigt werden. Die hier abgebildeten Fastentücher sind von Alfred Graf aus Wien. Der Künstler, der 1985 sein Diplom für Malerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien erhielt, hat diese Fastentücher für die Kirche St. Elisabeth in Wien gestaltet. Alle zwei Jahre kommt ein neues Exemplar dazu.
Die Tradition der Fastentücher reicht ins Mittelalter zurück. Die Darstellung von Passionsszenen sollte die Gläubigen an das Leiden Christi erinnern. Verschiedene Namen sind bekannt, so der lateinische Name „velum quadragesimale“ wegen seiner Verwendung während der „Quadragesima“, der 40-tägigen Fastenzeit. Gebräuchlich sind auch die Bezeichnungen Hungertuch, Passions- bzw. Fastenvelum oder Schmachtlappen aus dem Niederdeutschen. Fastentücher verändern den Kirchenraum. „Altes“ kann neu entdeckt werden.
Starke Euphorie
Der Künstler Alfred Graf über seine Arbeit: „Am Anfang wichtiger Arbeiten nehme ich mir eine Auszeit zur Meditation oder Einstimmung, um Energie zu schöpfen und meine ganze Aufmerksamkeit auf die folgende Tätigkeit zu richten. Diesmal schlief ich dabei ein. Beim Aufwachen hatte ich dann ein Bild vor Augen, das mich mit starker Euphorie erfüllte. Ein Symbol für den Menschen als spirituelles Wesen, als Ebenbild Gottes im Himmel verankert, holt der diesen auf die Erde, auf der er sein materialles Dasein in der Schöpfung lebt.“ Hier abgebildet ist ein Fastentuch (Bild links) aus dem Jahr 1998.
Dem Himmel entgegen.
„Für dieses Tuch habe ich die Asche als farbgebende Substanz durch Weihrauch und Myrrhe ersetzt, wodurch sich angenehme Düfte durch den Arbeitsprozess zogen. Die dargestellte schattenhaft erscheinende Figur wirft Fragen auf: Wo befindet sie sich eigentlich? Vor oder hinter dem Tuch? Ist sie gekreuzigt oder breitet sie gerade die Arme im Gebet aus? Schwebt sie dem Himmel entgegen? Ich bevorzuge offene Gestaltungen, die den Meditierenden Raum geben, sich persönlich einzubringen, ihren eigenen Weg zu beschreiten. Ich freue mich, wenn ich dabei ein wenig begleiten kann“, erzählt Alfred Graf. Dieses Fastentuch (Bild rechts) ist im Jahr 2000 entstanden.