Direktzahlungen an heimische Landwirte sind nur ein Teil dessen, was die EU für ihren Milchsektor aufwendet.
Die Aufregung bei den Lesern der Kirchenzeitung kann Leopold Kirner verstehen: „Denn kein Bauer erhält 808 Euro Förderung pro Milchkuh von der EU“, sagt der Experte von der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft. Besonders schwierig sei es, wenn ein Durchschnitt aller 15 EU-Länder ermittelt werde. Zu unterschiedlich sind nationale Förderegeln. Zahlen, wie viel ein österreichischer Landwirt pro Milchkuh an Ausgleichszahlungen erhält, sind ebenso vorsichtig zu bewerten. Kirner rechnet ein Beispiel für einen „typischen Betrieb: Ein Bauer im Haupterwerb erhält bei 20 Milchkühen pro 100 Kilo Milch rund zehn Euro an Direktzahlungen.“ Wird dieser Zahl ein „guter Durchschnitt“ (Kirner) von 5500 Kilogramm Milchleistung pro Kuh zugrunde gelegt, so ergibt das 550 Euro im Jahr. Das, so der Experte, ist die Summe an Ausgleichzahlungen für Preissenkungen in der Vergangenheit, für erbrachte Umweltleistungen (ÖPUL) sowie für Benachteiligungen der Region (Höhenlage, Steilheit).
Doch die EU gibt weit mehr für ihre Milchkühe aus, als Landwirte an Direktzahlungen erhalten. Die Summe aller Subventionen werden jährlich von der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, errechnet: dem Produzentensubventionsäquivalent (PSE). „Das ist eine absolut zuverlässige Zahl“, versichert Kirner.
Dem jüngsten OECD-Bericht zufolge hat die EU im Jahr 2001 die Produktion im Milchsektor mit 17.088 Millionen Euro subventioniert. Bei einem Milchviehbestand von 20,9 Millionen Stück (im Jahr 2000), entspricht das 818 Euro pro Kuh. Das sind um zehn Euro mehr, als Nancy Birdall und Clemens Michael im UN-Bericht 2003 über die weltweite Entwicklung anführen (Grafik unten).
Dumping am Weltmarkt
Damit beeinflusst die EU, vor Indien größter Milchproduzent der Welt, den Weltmilchpreis. „Das sind Dumpingmethoden“, sagt Elisabeth Baumhöfer vom Agrarbündnis Österreich: „Kein Bauer kann zu diesen fiktiven Weltmarktpreisen kostendeckend erzeugen. Das heißt, sie müssen unter den Produktionskosten verkaufen.“ Und Baumhöfer kennt auch die Nutznießer: „Die Subventionen kommen den Lebensmittelmultis zugute, die sich billig mit landwirtschaftlichen Rohstoffen versorgen können.“
Die britische Entwicklungsorganisation Oxfam belegt das mit Zahlen: So ist in der Dominikanischen Republik Milch aus Europa um 25 Prozent billiger als jene der Inselkühe. Möglich ist das, weil Arla Foods, Europas größter Molkereikonzern, Milchprodukte für 61,1 Millionen Euro einführt, und dafür 15,64 Millionen an Exportsubventionen in Brüssel kassiert. Dabei haben in den letzten Jahren 10.000 Bauern in der Dominikanischen Republik ihren Arbeitsplatz verloren.