„Dieses Öl, von dem andere profitieren, kostet unser Blut“, sagt Bischof Cesare Mazzolari. „Aber wir haben noch kein Öl gefördert“, kontert die OMV.
Gerade sechs Jahre war Österreichs größtes Industrieunternehmen im Sudan tätig. Am 2. September hat nun die OMV ihre Anteile an den Erdölfeldern 5A und 5B an die indische ONGC für 115 Millionen Dollar verkauft. „Es waren rein wirtschaftliche Gründe“, sagt Michaela Reeh von der OMV. Ein „wirtschaftlich hoch attraktives Angebot“ sei es gewesen: ein Gewinn von 70 Millionen Dollar. Wird in Zukunft Öl gefördert, fließen weitere 20 Millionen. Diese Summen machen für Philipp-Stephan Schneider von der Sudan-Plattform Austria deutlich, worauf Bischof Cesare Mazzolari immer wieder hinweist: „Dieses Öl, von dem andere profitieren, kostet unser Blut. Erdöl ist zur Hauptursache dieses Krieges geworden“, erklärt der Comboni-Missionar und Bischof von Rumbek im Süden des Sudan. „Es wird auch dort gekämpft, wo es kein Erdöl im Sudan gibt“, entgegnet Reeh, und, so die OMV-Sprecherin: „Wir haben keinen Tropfen Öl dort gefördert.“ Seit Jahren weisen kirchliche Einrichtungen und Menschenrechtsorganisationen darauf hin, dass in Erschließungsgebieten westlicher Unternehmen der Krieg verlängert werde. In Österreich haben sich vor zwei Jahren zehn Organisationen zur Sudan Plattform Austria zusammengetan. Ihr Ziel war es, mit der OMV einen kritischen Dialog aufzunehmen. „Dass jetzt verkauft wurde, überrascht mich“, gesteht Schneider. „Das war nie unsere Lösung. Die OMV, die so viel investiert, um die ethisch-soziale Verantwortung des Unternehmens zu unterstreichen, hätte im Sudan bleiben sollen, um gerade dort zu beweisen, was das konkret bedeutet.“ Kritisch äußert sich Schneider auch zur Verantwortung der Republik Österreich, die über die ÖIAG mit 35 Prozent Hauptaktionär der OMV ist: „Wir haben uns ein verstärktes Engagement im sudanesischen Friedensprozess gewünscht. Das haben wir auch mehrfach im Außenministerium betont. Doch das wurde immer wieder abgeblockt mit dem Argument, dass dafür keine finanziellen Mittel vorhanden seien.“
Die katholische Mission im Sudan war seit ihrer Gründung 1846 von Österreich geprägt und hieß lange „Österreichische Mission“. 1850 erwirkte der slowenische Priester Ignaz Knoblechner von Kaiser Franz Joseph das Protektorat: Die Mo-narchie garantierte (bis 1918) den Schutz des Missionspersonals. Daniel Comboni, von 1872 bis zum Tod 1881 im Sudan tätig, nahm diesen Schutz in Anspruch. Das Protektorat verlieh seinem Kampf gegen den Sklavenhandel mehr Nachdruck.
„Talisman“ hat es zugegeben
Nachgefragt
Zu widersprüchliche Forderungen hätten humanitäre und Menschenrechtsorganisationen gestellt, heißt es in der OMV-Zentrale. Kann man es diesen Organisationen eigentlich recht machen?
Schneider: Für die Sudan Plattform war es nie eine Lösung, dass die OMV sagt: Wir verkaufen unsere Beteiligungen im Sudan und damit ist die Sache für uns erledigt. Wir haben von Anfang an gesagt, die OMV solle bleiben und bei der sudanesischen Regierung dafür eintreten, dass die Situation für die Menschen in den Konzessionsgebieten verbessert wird. 2002 hat ein kanadischer Ölkonzern seine Sudan-Anteile bereits veräußert.
Gibt esParallelen zum OMV-Verkauf?
Schneider: Beide Male hat die indische ONGC gekauft. Auch in Kanada haben regierungsunabhängige Organisationen und Kirchen einen kritischen Dialog mit dem Ölkonzern geführt. Der Unterschied ist: „Talisman Energy“ hat quasi zugegeben, dass nicht nur finanzielle Gründe zum Verkauf geführt haben. Ihnen ist auch der öffentliche Druck zu groß geworden.
Was sagt der OMV-Vorstand zur Forderung, einen Teil des Gewinnes von 70 Millionen Dollar für Binnenflüchtlinge im Sudan auszugeben?
Schneider: Das wurde klar abgelehnt. Es hieß, der Profit komme aus Indien und nicht aus dem Sudan.