Einen Plattenladen wie aus „High Fidelity“ gibt’s in Linz wirklich
Ausgabe: 2003/45, Vinyl, Schallplatte, High Fidelity, Hessel
05.11.2003
- Heinz Niederleitner
Schallplatten hören ist auch stark gemeinschaftsfördernd, wie Angehörige einer Vinyl-Gruppe bestätigen (Bild).
Die Schallplatte liegt wieder voll im Trend – nicht nur bei Vinyl-Nostalgikern. Auch viele junge Leute fahren auf dieSammlerstücke ab.
Was haben „High Fidelity“ von Nick Hornby und „liegen lernen“ von Frank Goosen gemeinsam? Es sind zwei Romane, in denen die Schallplatte eine wichtige Rolle spielt. Doch die Vinylscheibe hat nicht nur eine Vergangenheit. „In den letzten Jahren kommen immer mehr junge Leute und suchen Schallplatten. Auf ihren Musikgeschmack habe ich mich eingestellt“, erzählt Reinhold Hessel. Er betreibt die reale Ausführung von „Championship Vinyl“, dem Plattenladen in Hornbys Roman. Der Laden in der Linzer Altstadt heißt „Schallplatten-Fundgrube“: Eine lange Röhre, voll mit LPs, MCs, Singles und auch CDs – alle geordnet nach Interpreten und Stilrichtungen. Ganz hinten ist der Verkaufstisch mit der Kasse. Hier steht Hessel, berät seine Kunden, spielt auf Wunsch die eine oder andere Platte vor und weist auf seltene Aufnahmen hin.
„Die Jungen fragen nach Nirvana, Metallica, Iron Maiden, aber auch nach zeitlosen Klassikern wie The Doors, Led Zeppelin, Neil Young oder Bob Dylan“, berichtet der Ladenbesitzer. Ältere Kundschaft findet hier die Singles für ihre Jukeboxen, von Elvis bis zum deutschen Schlager. Derzeit gibt es auch einen Trend zu den 70er und 80er Jahren: Das sind vor allem die Mitte Dreißiger, die ihre Jugenderinnerungen auftauen. Und weil das niemand gerne alleine macht, trifft man sich auf Clubbings oder in Kleingruppen zu Hause und lauscht dem Sound von Nena oder Creedence Clearwater Revival.
Man muss Idealist sein
In der Schallpatten-Fundgrube sind alle Musikrichtungen vertreten. Hessel kauft Sammlungen auf und importiert Neupressungen. Auch seine Stammkunden bringen Platten. Sie sind der größte Teil der Kundschaft. Aber immer wieder entdecken Passanten in der Altstadt das kleine Geschäft und kommen neugierig herein. Trotzdem muss man ein Idealist sein, um einen Vinylladen zu betreiben, man muss ein Gespür für die Musik haben. „Mit was anderem könnte ich natürlich mehr verdienen, aber so kann ich mir meine Arbeitszeit selbst einteilen“, sagt Reinhold Hessel.Und was sind seine All-Time-Top-Five? Hessel zögert: „Ich könnte ihnen eine Top-Hundert-Liste geben. Mich auf ein paar Lieder zu beschränken, wäre unfair. Besonders mag ich Bands der 60er, die nicht groß rausgekommen sind: Stealers Wheel oder Bad Fingers, Cupid’s Inspiration, Raymond Froggatt – ausgefallene Sachen.“ Übrigens: „High Fidelity“ mit John Cusack ist Hessels Lieblingsfilm.