Wort zum Sonntag: "Dass hier Gott die Erde betritt"
P. Augustin M. Pötscher, Maria Luggau, Kärnten
Ausgabe: 2005/01, Wort zum Sonntag, Pötscher, Maria Luggau, Gott, Erde, Menschen
05.01.2005 - P. Augustin M. Pötscher
Mit dem Fest „Taufe des Herrn“ schließt die Weihnachtszeit und es kehrt wieder der „Alltag“ ein, es soll aber ein von Weihnachten veränderter Alltag sein. Wenn man so will, kehrt auch für Jesus der Alltag ein, beginnt für ihn der Ernst des Lebens. Mit der Taufe der Umkehr am Jordan beginnt er sein öffentliches Wirken. Ernst des Lebens: Wir haben dies bereits alle mitgemacht – die Angst vor dem Neuen, Unberechenbaren, die Ungewissheit vor der Zukunft. Nach einer eher besinnlichen Vorbereitung in einem behüteten Raum, von der uns die Evangelien wenig überliefern, liegt nun ein neuer Wegabschnitt vor Jesus. Und wenn ein solcher vor uns liegt – sagen wir, der Einstieg in den Beruf – dann ist es uns wichtig, einen guten Start zu haben, um den vielleicht folgenden Praxisschock leichter meistern zu können. So berichtet uns das Evangelium von einem solchen guten Start Jesu, bevor er sich der Wüste und dem Gegenwind der Ebene überlässt, sich den Herausforderungen stellt. Markus stellt diese Taufgeschichte ganz an den Anfang seiner Verkündigung, einer Verkündigung, die gleichsam eingeklammert ist zwischen „dem Evangelium vom Sohne Gottes“ und dem Bekenntnis des römischen Hauptmanns unter dem Kreuz „wahrlich, dieser ist der Sohn Gottes“. Die Taufe am Jordan ist die erste Offenbarung seiner Gottessohnschaft, die sich auf seinem Weg, wie Markus ihn in seinem Evangelium darstellt, immer mehr entfaltet. Bewusst ist diese Geschichte, wie die der Verklärung, ein Highlight.
Die Schlüsselerfahrung dabei: er sah, wie der Himmel sich öffnete. Doch werden wir sofort einwenden – für Jesus, mag schon sein, aber für uns? Horchen wir auf folgende Geschichte: Zwei Mönche sind mit ihrem Routine gewordenen Leben total unzufrieden. Und sie brechen auf, um Gott neu zu suchen. Sie haben dabei durchaus ein Ziel. Sie wollen jenen Ort finden am Horizont, wo sich Himmel und Erde berühren. Ein weiter Weg, ein Weg voller Herausforderungen, Entbehrungen, nicht nur einmal sind sie in Lebensgefahr. Doch nach vielen Tagen nähert sich dieser magische Ort, der Horizont. Und je näher sie kommen, desto deutlicher machen sie eine Tür aus. Und diese kommt ihnen irgendwie vertraut vor. Und als sie davor stehen, ist es die Pforte ihres Klosters. Das soll’s gewesen sein, reagieren sie zuerst frustriert – doch: „Wir haben doch gesehen, dass sich hier Himmel und Erde berühren, dass hier Gott die Erde betritt.“ Und sie treten in ihre inzwischen verstaubten Zellen ein. Alles ist noch so, wie sie es verlassen hatten – und doch ganz anders, denn Gott ist für sie nur hier.