Er war „Pfarrermesnergärnterbauer“, sagt Alois Brandstetter über Pfarrer Heinrich Steiner aus Steinerkirchen. Sein neuer Roman ist dem 1989 verstorbenen Blumenpfarrer gewidmet.
In seinem neuen Roman „Der geborene Gärtner“ entführt Schriftsteller Alois Brandstetter in die Welt des Mittelalters. Die göttliche Ordnung sieht Abt Konrad von Burghausen durch den Mönch Wernher bedroht. Denn dieser widmet sich anstatt der Pflege seines Gartens literarischen Studien. Dieser „Wernher“ ist vielen Leserinnen und Lesern durchaus bekannt: und zwar als Verfasser jener Versnovelle vom „Meier Helmbrecht“, die von einem Bauernsohn erzählt, der seinen Stand verlässt und zum Raubritter wird. Während sich Brandstetter in seinem Roman dem Mittelalter zuwendet, widmet er sein Nachwort einem Mann aus der jüngsten Vergangenheit: dem Blumenpfarrer Heinrich Steiner (1907-1989). Und will damit zeigen, dass man beides sein kann: ein guter Seelsorger und ein guter Gärtner.
Die nachträgliche Würdigung erzählt vom Leben Heinrich Steiners, der als Pfarrer jahrzehntelang in Steinerkirchen am Innbach gewirkt hatte.
Blumenwunder in Dachau
Von 1940 bis 1945 war Steiner im KZ Dachau. Brandstetter schreibt: „Jemand musste Heinrich Steiner verleumdet haben. Denn ohne dass er Böses getan hätte, holte ihn am 4. Oktober 1939 die Geheime Staatspolizei nach der Frühmesse in Steinerkirchen ab und brachte ihn zum Verhör in ihr Linzer Gefängnis ...“. Vorgeworfen wurde Steiner Missbrauch Minderjähriger – damals eine gängige Methode des NS-Regimes, um Geistliche „loszuwerden“. Auch während der Zeit im KZ blieb Steiner seinen Blumen treu. Dass er unter diesen widrigen Umständen immer wieder Altarschmuck organisierte, „sei oft ein Wunder gewesen, ein Blumenwunder gewissermaßen, wie es ähnlich in der Legende von Elisabeth von Thüringen erzählt wird“, so Brandstetter.
Auf das Herz der Menschen
Zurück in Steinerkirchen am Innbach verfestigte sich Steiners Ruf als Gärtner und Bauer. Er galt als unkonventioneller Zeitgenosse, der nicht nur einmal mit dem Steyrer-Traktor im Linzer Bischofshof vorfuhr. Große Predigten waren nicht das Seine, auch Verwaltungsaufgaben kosteten ihn Überwindung. Bischof Franz Zauner las ihm deshalb gehörig die Leviten. Die Landwirtschaft war Steiners „Weltanschauung“. Vor mancher priesterlichen Handlung vergaß er das Schuhwerk zu wechseln und schritt in Gummistiefeln zum Altar: „Gott sieht auf das Herz des Menschen und nicht auf seine geputzten Schuhe, soll er einmal gesagt haben“, schreibt Brandstetter.
Er beherrschte die „Ars serendi“, die Kunst des Pflanzens, und hielt auf seine Art die Schöpfung in Ordnung. Brandstetters Hommage endet mit dem Satz: „Wernher der Gärtner grüßt Heinrich den Gärtner. Durch die Blume. Ite, missa est!“
Erscheinungsdatum von „Der geborene Gärtner“ (dtv): Juni 2005