Mit dem neuen Bibelzentrum am Museumsquartier hat das „Wort Gottes“ in Wien einen attraktiven Platz bekommen.
Während des Tages ist die Breite Gasse wenig frequentiert, sobald es aber dunkel wird, ändert sich das schlagartig. „Der 7. Bezirk lebt nachts – von 22 bis 2 Uhr“, sagt Dr. Jutta Henner. Die Leiterin des Bibelzentrums kommt über die Lage ihres Hauses ins Schwärmen: „Hinter uns das Museumsquartier mit 2,2 Millionen Besuchern jährlich und vor uns der Bezirk Neubau mit dem Spittelberg, vielen Künstlern, Ateliers und Beiseln.“ Und das Bibelzentrum mitten drin. Da ist es selbstverständlich, dass das 150 Quadratmeter große Lokal der Bibelgesellschaft einen künstlerischen Impuls setzen will.
Offenes Buch – offenes Haus
Der Architekt Carl Pruscha hat das ebenerdige Zentrum völlig ein- und durchsichtig gestaltet: „Die Bibel ist ein offenes Buch – das muss ich auch architektonisch zeigen. Aug in Aug mit den Passanten zu sein, hat einen besonderen Reiz“, meint Henner – stellt aber auch eine Herausforderung dar. Mehr als 2.000 Bibeln in 500 Sprachen aus 5 Jahrhunderten verlocken die Passanten zum Eintreten und zum Lesen – in der Muttersprache natürlich. Die Erfahrung zeigt, dass Menschen das Wort Gottes am liebsten in ihrer Muttersprache haben. „Mit diesem Anspruch kommt das Bibelhaus kaum in Bedrängnis“, schmunzelt Henner, obwohl die Sprachenvielfalt der Besucher beeindruckend ist: „Die durchschnittliche Wiener Schulklasse spricht acht Sprachen.“ Eine Audiostation bietet die Bibel zum Hören – von Russisch bis Japanisch.
Der innovativste Teil des Bibelzentrums ist die Installation der beiden Medienkünstler Wolfgang Hilbert und Richart Schneider. Dass auf einer großformatige Projektionsfläche kurze Verse aus der Bibel erscheinen, wäre noch nichts Herausragendes: Das Besondere ist der Kontakt mit den Passanten.
Die Bibel auf den Fersen
Zwei Kameras erfassen die Vorübergehenden und geben ihnen ein Bibelwort mit auf den Weg. Merkt der Passant seinen „Begleiter“ und bleibt stehen, stoppt auch das Bibelwort, geht er weiter, setzt sich der Text wieder in Bewegung. „Der Mensch wird durch die Installation zur Schnittstelle des Wortes Gottes. Die Bibel muss mit der Not und den Erfahrungen der Menschen in Kontakt kommen“, so die Künstler: „Das Buch im Regal nützt nichts.“
Bibelzentrum der Österreichischen Bibelgesellschaft, Breite Gasse 4–8, 1070 Wien, www.bibelgesellschaft.at