Meine Eltern haben mich auf den Namen Waltraud getauft, weil er nach dem Streichen vieler anderer Namen übrig geblieben ist. Er bedeutet „die machtvoll Waltende“. Die heilige Waltraud ist mir ein bisschen unbegreiflich: Ihre Mutter ist heilig, die Schwester, der Gemahl und die drei Kinder sind Heilige. Wenn man sich lauter Heilige beim Familienabendessen vorstellt, tauchen interessante Bilder auf: Heiligenscheine. Salbungsvolle Worte. Fastenspeisen. Oder sie genießen die Mahlzeit, denn nicht genießen heißt, die Schöpfung zu missachten. Wahrscheinlich waren sie aber eine ganz „normale“ gräfliche Familie des 7. Jahrhunderts. Die heilige Waltraud war eine normale Frau, die etwas Außergewöhnliches getan hat: Sie hat sich um Arme, Hungrige, Kranke, Fremde gekümmert und später das Kloster von Mons gegründet, um ihr Leben ganz Gott zu weihen.
Waltraud Gugerbauer ist Weißrussland-Referentin der Caritas-Auslandshilfe