Im Jahr 1942 ging Maria Stromberger als Krankenschwester freiwillig in das KZ Auschwitz und half vielen Häftlingen. Nach dem Krieg wurde sie dafür eingesperrt und lange vergessen.
Maria Stromberger wird 1898 in St. Veit/Kärnten geboren, zieht aber Ende der zwanziger Jahre zu ihrer Schwester nach Bregenz, wo sie im Sanatorium Mehrerau als Krankenschwester arbeitet. Im Krieg ist sie zunächst in einem Lazarett tätig und wird 1942 in die Infektionsabteilung nach Königshütte versetzt. Dort berichten ihr typhuskranke Patienten aus Auschwitz von den grauenvollen Zuständen im Konzentrationslager. Maria Stromberger lässt sich daraufhin nach Auschwitz versetzen, da sie sehen will, „wie es dort wirklich ist. Vielleicht kann ich auch etwas Gutes tun“.
Tief geschockt von dem, was sie im KZ Auschwitz sieht, versteckt sie Gefangene, um sie vor der Hinrichtung zu bewahren, und hilft Häftlingen mit Medikamenten und Lebensmitteln. Mit der Zeit gelingt es Maria Stromberger Kontakt zu einer Widerstandsgruppe innerhalb des Lagers aufzubauen, für die sie sogar Flugblätter nach Wien schmuggelt, die über die grauenvollen Zustände berichten. Nach einem Besuch in Bregenz schmuggelt sie sogar zwei Waffen in das Lager. Während ihr die Häftlinge zunächst mit Misstrauen begegnen (die „SS-Marie“), gewinnt Maria Stromberger bald ihr Vertrauen. Von vielen Häftlingen wird sie als „Engel von Auschwitz“ bezeichnet. Als ihr Kontakt zu den KZ-Insassen immer auffälliger wird, rettet sie 1944 ihr vorgesetzter Arzt durch die Einweisung in eine Anstalt für Morphiumabhängige.
Nach Kriegsende kehrt Maria Stromberger nach Bregenz zurück, wo sie im Frühjahr 1946 von den Franzosen als „Auschwitz-Täterin“ verhaftet wird.
In einem Brief an den polnischen Widerstandskämpfer und ehemaligen Häftling Edward Pys schildert sie die paradoxe Situation: „Ich stehe in dem Verdacht, während meines Dienstes in Auschwitz Häftlinge mit Phenol ermordet zu haben. Es ist Ernst! Ich bin mitten unter Nazis, SS, Gestapo! Ich als ihr größter Feind! Zusätzlich muss ich mir noch ihre Klagen über die Ungerechtigkeit und schlechte Behandlung anhören. Und ich habe die Erlebnisse in Auschwitz vor Augen! Ich sehe die gequälten Menschen, rieche verbranntes Fleisch und sehe die Kamine der Krematorien. Ich möchte ihnen das hier ins Gesicht schreien, aber ich muss schweigen.“ Erst durch die massive Intervention ehemaliger Häftlinge kann schließlich ihre Schuldlosigkeit bewiesen werden – Maria Stromberger wird aus der Haft entlassen. Am 25. März 1947 sagt sie in Warschau im Prozess gegen den Lagerkommandanten Rudolf Höß aus. Das Protokoll dieses Prozesses ist das kostbare Zeugnis einer tapferen Frau und Christin.Ihre Arbeit als Krankenschwester kann Maria Stromberger nach ihrer Entlassung nicht mehr fortsetzen. „Ich fühle mich so leer und ausgeschöpft und habe keine Freude. Meinen ganzen Vorrat an Liebe habe ich wohl in Auschwitz verstreut.“ Ab 1946 arbeitet sie in einer Textilfabrik in Bregenz.
In den folgenden Jahren zog sie sich immer mehr von menschlichen Kontakten zurück. In einem Brief an Exhäftling Pys schreibt sie: „Ich lebe gegenwärtig völlig isoliert. Ich gehe nur spazieren. Die Natur gibt mir Frieden.“ Ihre Erlebnisse in Auschwitz haben ihre Gesundheit schwer belastet und ihre Freude und Lust am Leben absterben lassen, meint Pys. Tragisch ist auch ihr Tod 1957: Ein Zahnarzt zieht ihr zehn Zähne auf einmal. Nach diesem großen Eingriff fährt sie mit dem Fahrrad zu ihrer Wohnung, wo sie leblos zusammenbricht. Eine weitere Tragik liegt darin, dass von offizieller Seite erst im Juni 2002 dieser mutigen Frau und überzeugten Katholikin gedacht wurde. Aus Anlass des Bodenseekirchentages wurde von der Ökumenekommission gemeinsam mit der Stadt Bregenz ein Gedenkweg an die Opfer des Nationalsozialismus errichtet. Dabei wurden bereits vorhandene Gedenkorte (Straßenbezeichnungen etc.) mit Transparenten gekennzeichnet, die über ihre Namensgeber nähere Auskunft erteilen. Der Weg, der nach Maria Stromberger benannt ist, befindet sich hinter dem Landeskrankenhaus in Bregenz. Er erinnert an eine große Frau, für die menschliches Handeln auch in unmenschlicher Zeit selbstverständlich war.