Hundsfülling ist eine kleine Ortschaft in Hofkirchen im Mühlkreis. Ein Weihnachten ohne Herbergsuchen kennen die gut 40 Einwohner/innen nicht. Und wenn Rosina Raab zum lieb gewordenen Brauch aufruft, ist der halbe Ort dabei. Seit 60 Jahren.
Rosina Raab muss kurz überlegen. Der Blick schweift ab, sie nimmt die Finger zu Hilfe. Wie viele Einwohner/innen Hundsfülling hat, weiß sie nicht aus der Ortschronik. Sie kennt jeden Einzelnen aus den insgesamt neun Häusern persönlich. „Zwischen 40 und 45“, kommt sie schließlich zum Endergebnis. „Je nachdem, ob die Jungen alle noch hier gemeldet sind.“ Dann noch ein Zahlenspiel: Wie viele gehen beim Herbergsuchen mit? Da huscht ein Lächeln über das Gesicht der 75-Jährigen. „So 20 bis 22 sind wir schon.“ Der halbe Ort also.
Von Haus zu Haus. Am vergangenen Freitag, dem 16. Dezember, war es wieder so weit: Jung und Alt, Groß und Klein versammelt sich beim ehemaligen Bauernhaus, in dem Rosina Raab ihr Leben lang gewohnt hat. Rosenkranz betend zieht die Gruppe zum Nachbarhaus. Mit dabei auch Ehemann Johann Raab – als „Nachbeter“. „Singen kann ich nicht, aber ich habe eine kräftige Stimme“, lacht der 82-Jährige. Ebenfalls mit dabei: ein altes, vergilbtes Gebetsbuch und ein Bild mit dem Herbergsuche-Motiv. Mit 16 Jahren hat die Hobby-Fleckerlteppich-Weberin zum ersten Mal die Organisation des Herbergsuchens in Hundsfülling übernommen. Der ehemalige Pfarrer Josef Gruber hatte den Brauch eingeführt. Da gab es noch kein Bild. „Am Anfang waren die Leute skeptisch“, erinnert sich Raab. „Wir sind in die Häuser gegangen und haben Josef, Maria und den Wirt selber dargestellt. Das fanden einige nicht richtig.“
Alle tun mit. Mittlerweile ist die Skepsis der Freude an dem traditionellen Brauchtum gewichen. „Außer von einem Bauernhof, wo sie am Abend in den Stall gehen, ist von jedem Haus wer dabei“, sagt Raab. Ans Aufhören hat die 75-Jährige nur einmal gedacht. Vor etwa zehn Jahren, als die Leute plötzlich nicht mehr mitgemacht haben. „Wenn das so weitergeht, lasse ich es bleiben“, habe sie damals gesagt. „Seither tun alle wieder fest mit.“ Ob den Brauch nach ihr jemand weiterführt, weiß Raab nicht. „Aber es sind so viele Junge dabei, die wollen immer lesen.“ Und ein Weihnachten ohne Herbergsuchen – das kennen sie in Hundsfülling nicht. Christian Ortner
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- Herbergsuche. Bei diesem alten Brauch wird an den Tagen vor dem Heiligen Abend ein Bild der biblischen Herbergsuche von Josef und Maria von Haus zu Haus getragen. Jeden Tag wechselt das Bild mit dem Herbergsuche-Motiv seinen Unterstand und bei jedem Wechsel beten und singen die Nachbarn gemeinsam. Begonnen wird am 16. Dezember. Am Heiligen Abend ist die „Novene“ (neun Tage) abgeschlossen. Da es in der Hofkirchner Ortschaft Hundsfülling exakt neun Häuser gibt, kann das Bild je eine Nacht in jedem Haus behalten werden. Über Weihnachten bleibt es im letzten Haus, bevor „Chef-Herbergsucherin“ Rosina Raab es wieder in den Pfarrhof zurückbringt, wo das alte Gemälde während des Jahres aufbewahrt wird.- Der Ablauf. Am Sonntag vor dem 16. Dezember geht Rosina Raab von Haus zu Haus und kündigt die Herbergsuche an. „Ich frage, wann sie das Bild brauchen können“, erklärt sie. Dabei werden jene berücksichtigt, die etwa am Abend in den Stall gehen müssen. Wer möchte, kommt an den neun Tagen vor Weihnachten zum Haus des rüstigen Ehepaares. Von dort aus geht die Gruppe Rosenkranz betend zum vereinbarten Haus, wo jeden Tag ein anderes Begrüßungsgebet gesprochen wird. Es folgt ein Lied und ein Gebet für etwaige Verstorbene. Mit einem Abschiedsgebet holen die „Herbergsuchenden“ das Bild am folgenden Tag wieder ab und pilgern zum nächsten Haus, wo das Bild wiederum eine Nacht verbleibt.