Serie: Verborgene – vergessene – aufregende Kunstschätze, Teil 4
Ausgabe: 2006/04, Lichtmess, Kerzen, Leuchter
26.01.2006
- Kirchenzeitung der Diözese Linz
Weihnachten und Ostern – ohne Kerzen? Sie sind aus Kirchenräumen trotz elektrischem Licht nicht wegzudenken. Als Mitfeiernde nehmen wir Glanz, Duft und Licht der Kerzen wahr. Sie werden bei Gottesdiensten und verschiedenen liturgischen Feiern entzündet. 2. Februar – 40 Tage nach Weihnachten – war früher ein besonderer Tag. Dienstmägde und Knechte durften ihren Dienstgeber wechseln. Noch heute ist dieser Tag als Mariä Lichtmess im Bewusstsein vieler Menschen. Er spielte im weltlichen und kirchlichen Leben eine große Rolle. Beispielsweise war es Tradition, Kerzen für Kirche und privaten Bedarf für das ganze Jahr zu weihen. Seit dem II. Vatikanischen Konzil rückte die biblische Erzählung von der „Darstellung des Herrn“ in den Mittelpunkt des Festtages.
Der zweite Blick. Reizvoll ist es bei einem Kirchenrundgang den Blick auf Kunstgegenstände zu lenken, die auf den ersten Blick nicht gesehen werden: Es können dies Kunstgüter sein, die in einem Ensemble stehen und deshalb in der Eigenart nicht wahrgenommen werden. Zu diesen zählen auch Kerzenständer, die meist bei Altären Aufstellung finden. Sie werden auch an anderen Orten in Pfarren und Kirchen aufbewahrt und gefunden, da sie leicht beweglich sind.
Kerzenleuchter erzählen. Der aufmerksame Betrachter findet eine große Vielfalt: Material und Formen sind zeitgebunden, auf das Umfeld abgestimmt, erzählen von Reichtum oder auch einfachen Verhältnissen. Verwendete Materialien können sein: Holz, Silber, getrieben oder gegossen; Messing, vergoldet; oder Zinn. Die Formen sind zeitgebunden: groß, weich; klein, zierlich; schlicht oder überquellend. Ein besonderer Glücksfall ist, eine bekannte Punze vorzufinden. So kann der Gegenstand einer Werkstatt oder einem Künstler zugeordnet werden. Eine andere Möglichkeit ist, über schriftliche Quellen (z. B. Pfarrchronik) einen Eintrag zu finden: Eine „Spur“ führt zu einem/r Wohltäter/in der Pfarre.
Von bewegt bis starr. Zwei außergewöhnliche Beispiele finden sich in Steyr und im Linzer Bischofshof. Barocke Formen zeigen die Leuchter von Silvius Creuz in der Pfarre St. Michael (Steyr) aus dem Jahr 1727. Als Erstes besticht die Größe der aus Messingguss (vergoldet) gefertigten Leuchter: Mit 210 cm überragen sie Menschen, in einem hohen Kirchenraum sind sie dennoch nicht zu groß. Durch die Wahl des Materials, der Farbigkeit und durch die veränderte künstlerische Sprache ergibt sich bei den um ca. 70 Jahre jüngeren Standleuchtern im Bischofshof von Linz ein ganz anderer Eindruck. Sie wirken beinahe starr. Es sind hölzerne Standleuchter, jeder der siebenflammigen Leuchter ist 230 cm hoch. Die Datierung zwischen 1790 und 1810 führt in die Anfangsjahre der Diözese Linz. Der Entstehungszeit entsprechend finden sich Elemente aus Archäologie bzw. griechischen Mythen. Über einem dreieckigen Grundriss entwickelt sich der Sockel, an den Ecken sind geflügelte Wesen (Sphingen), dargestellt. In der folgenden Ebene sind Sitzfiguren zu entdecken. Der Schaft ist ornamental verziert.
Kerzenleuchter – Teil des Ensembles. Leo Zogmayer schuf im Rahmen der Neugestaltung der Pfarrkirche St. Andreas in Mitterkirchen (2004) auch Kerzenständer. Materialien, Formen, Größen aller Gegenstände sind aufeinander abgestimmt, der Ort der Aufstellung (z. B. neben dem Altar) ist für den Gesamteindruck wesentlich.