Ausgabe: 2008/17, Kirchenraum, Kunst, Sakralräume, Frauen, Bilger, Bad Kreuzen, Roppolt
23.04.2008
- Elisabeth Leitner
Für Aufregung sorgten vor 50 Jahren die Glasfenster von Margret Bilger in Bad Kreuzen. Moderne Kunst im alten Kirchenraum war für manche Pfarrbewohner/innen damals eine Herausforderung. Den Spuren von Künstlerinnen, die Sakralräume in Oberösterreich gestaltet haben, folgte kürzlich eine Gruppe kunstinteressierter Frauen.
Ein Samstag, Mitte April. Treffpunkt 8 Uhr, Haus der Frau in Linz. Ein Bus steht vor der Eingangstür, die Buschauffeurin lächelt, schaut sich die Route an. Leute steigen ein. Der Bus füllt sich. Alle, die sich angemeldet haben, sind da. 24 Frauen und ein Mann sind bei der Premiere dabei: Zum ersten Mal bietet das Haus der Frau in Linz eine Tagesreise unter dem Motto „Frauen im Blickfeld“ an. Martina Gelsinger, Kunsthistorikerin und Mitarbeiterin im Kunstreferat, hat die Reise zusammengestellt und führt durch den Tag. Künstlerinnen und ihre Werke in kirchlichen Räumen werden heute besucht. Von Linz geht’s nach Bad Kreuzen und Schloss Haus in Wartberg, über Kronstorf nach Ried im Traunkreis.
Blau und Rot. Die erste Station ist in der Pfarrkirche Linz-Bindermichl. Beim Betreten der Kirche Linz St. Michael hört man viele staunende „Ahs“ und „Ohs“. Das Glasfensterband der Künstlerin Lydia Roppolt (1922 bis 1995) ist beeindruckend. Es zieht sich oben zwischen Decke und Wand durch den Kirchenraum, das flammende Rot der Liebe und das eisige Blau der Dämonen sind die bestimmenden Farben. Die damals junge Künstlerin hat dieses monumentale Werk bereits 1957 geschaffen. Vom Lenaupark in Linz – hier haben die Künstlerinnen Katharina Struber und Ursula Witzany die Kapelle und das Foyer gestaltet – geht die Reise weiter nach Bad Kreuzen. Die Glasfenster, die 1957/58 im Altarraum in der spätgotischen Pfarrkirche entstanden sind, tragen die unverkennbare Handschrift von Margret Bilger. Sie waren damals in der Pfarre umstritten. Heute stößt sich kaum mehr jemand an den Arbeiten der Künstlerin. Im Gegenteil: Der 84-jährige Mesner Konrad Kastner erzählt, dass immer wieder Besucher/innen kommen, um sich die Chorfenster anzusehen. Im Schloss Haus – heute eine Landespflegeanstalt – wartet der „Rosencubus“ im Innenhof der Anlage auf seine Besichtigung. Die Künstlerinnen Struber und Witzany haben dort im Jahr 2000 eine Madonna im Rosengarten geschaffen, die in einem Würfel aus Glas von allen Seiten sichtbar ist. Die Bewohner/innen der Pflegeeinrichtung haben sich mit Gebeten und Texten auf dem Glascubus verewigt. Der Marienstatue kann man auf Augenhöhe begegnen. Sie ist umrankt von Rosen und Efeu, ein Ort der Andacht mitten im Hof.
Mystik in Kronstorf. Gänsehaut-Effekt erzielt bei vielen der erste Besuch in der spätgotischen Pfarrkirche Kronstorf. Sofort nach dem Eintreten herrscht Stille im Raum. Der mystische Charakter wird durch die acht Glasfenster von Inge Dick erzeugt (1999): Der ganze Raum wird durch die fein abgestuften Farben der Glasfenster von Weiß bis Dunkelblau in ein neues Licht getaucht. Die reduzierte Altarraumgestaltung trägt zur dichten Atmosphäre bei.
Künstlerinnen im Gespräch
Die Künstlerinnen Katharina Struber und Ursula Witzany erwarten die Busreisenden im Lenaupark in Linz. Dort haben die beiden 2003 eine Kapelle und das Foyer gestaltet. Die eigene künstlerische Idee zu verfolgen und trotzdem auf die Bedürfnisse der Menschen, die dort leben und feiern, einzugehen, ist Ursula Witzany wichtig, erzählt sie. Mit Veränderungen im Raum, die von den Benützern vorgenommen werden, könne sie bei Projekten wie diesen meistens gut leben. Befragt nach den Arbeits- und Lebensbedingungen erzählt Struber: „Als freie Künstlerin zu leben, ist schwierig. Man hat einzelne Projekte laufen und macht bei Wettbewerben mit. Wichtig wäre eine Galerie, die dich als Künstlerin betreut und bekannt macht. Die Fixkosten sind hoch: Entwürfe, Computer, Büro, Atelier, Wohnung ... all das muss von Honoraren finanziert werden.“
Die Künstlerin Gabriele Gruber-Gisler, die in Ried im Traunkreis lebt, erzählt, dass es immer wieder eine Herausforderung sei, eine künstlerische Idee mit vielen Beteiligten – vom Tischler, Feuerwehrkommandanten bis zum Bürgermeister – durchzusetzen.