Sprachen zu lernen sei etwas für junge Leute, heißt es. Vielleicht tun sich die beim Lernen der Vokabeln auch tatsächlich leichter. Doch schaut man in die Klassenräume diverser Anbieter für Sprachkurse, ist der Altersschnitt alles andere als jugendlich. Im Gegenteil. Auch im Italienischkurs von Helena Hofmann finden sich einige Jung-Pensionistinnen.
Ausgabe: 2018/07
13.02.2018
- Brigitta Hasch
„Ciao!“ – Helena Hofmann betritt den Raum, wie immer gut gelaunt und mit einem Aktenkoffer voller Unterlagen. Einige Kursteilnehmerinnen sitzen schon mit aufgeschlagenem Buch in den Bänken, andere trudeln fünf Minuten später, ebenfalls mit einem fröhlichen „Ciao!“ auf den Lippen, ein. Im Herbst war der Klassenraum noch voller. Jetzt, nach den Weihnachtsferien, lichten sich die Reihen. „Das ist bei allen Kursen so“, Helena Hofmann beunruhigt das nicht.
Italienisch für Anfänger
Die Oberösterreicherin unterrichtet schon viele Jahre und weiß, wie sie ihre „Schüler/innen“ begeistern kann. Ältere Menschen sind auf jeden Fall viel eifriger, sagt sie. „Aber heutzutage lernt man Sprachen ganz anders als früher. Zuerst kommt das Sprechen, dann die Vokabeln und die Grammatik. Und das ist für viele ungewohnt. Während Jüngere einfach losplappern, überlegen die Älteren genau, ob sie auch alles richtig verstanden haben, und sprechen erst dann. Sie wollen eben keine Fehler machen“, erklärt Hofmann.
Neue Herausforderung gesucht
Genauso geht es zum Beispiel Marion Stoiber. Die Pharmazeutin und begeisterte Sportlerin ist seit einem Jahr in Pension, wollte auch geistig aktiv bleiben und hat sich aus diesem Grund fürs Italienischlernen entschieden. „Das Übersetzen vom Buch heraus ist kein Problem. Aber das Reden, die Frage- und Antwortspiele sind eine Herausforderung“, sagt sie. Als Naturwissenschafterin hat sie in der Vergangenheit zwar viele Fortbildungen absolviert, „aber diese Seminare kann man natürlich nicht mit einem Sprachkurs vergleichen“, lächelt Marion Stoiber. In der Zwischenzeit fühlt sie sich in der Gruppe hier sehr wohl, es ist lustig und sie findet es auch gar nicht mehr schlimm, wenn sie einmal etwas Falsches sagt.
Man muss nicht jedes Wort verstehen
Helena Hofmann unterrichtet „passo per passo“, also Schritt für Schritt. Bei Anfängern muss nicht jedes Wort stimmen und in Dialogen versteht man eben nur ein paar Worte, die dazwischen wieder nicht. „Aber bei Menschen so über 50 merke ich, dass viele noch das alte System aus der Schule im Kopf haben. Sie wollen Wort für Wort übersetzen, auch wenn das manchmal gar nicht geht.“
Hören, sprechen und spielen
Als Einstimmung in die Sprache und die Sprachmelodie gibt es viele Videos und Texte vom Band, zwischendurch lockert auch ein italienischer Schlager die Stunde auf. Um ihre Schülerinnen und Schüler selbst zum Reden zu bringen, packt Helena Hofmann gerne Würfel, kleine Bälle oder Brettspiele aus. „Das mögen prinzipiell alle. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass besonders ältere Menschen dabei locker werden und gerne auf diese spielerische Weise kommunizieren. Es nimmt wahrscheinlich auch ein bisschen die Angst vor Fehlern“, erzählt sie.
Zum Vertiefen des Stoffes wiederholt Helena Hofmann häufig. „Ich gehe immer zwei Schritte vor und, wenn es notwendig ist, wieder einen zurück. Es ist nicht wie in der Schule, wo der Stoff relativ schnell durchgemacht wird. Bei Erwachsenen funktioniert das nicht, bei älteren schon gar nicht. Da würde ich viele aus meiner Gruppe verlieren.“
Arrivederci
Die heutige Einheit hat allen Hunger gemacht, ging es doch um italienische Speisen und Getränke. Mit einem „Alla prossima volta“ verabschiedet sich Helena Hofmann bis zur nächsten Woche. «