Rund 26.000 Dokumente – die allermeisten in griechischer Sprache – durchzuackern und Bezüge zur Bibel zu finden, klingt nach knochentrockenem Job. Ist es aber nicht, lacht Christina Kreinecker und erklärt, was die Arbeit mit den Papyrusblättern für sie so spannend und faszinierend macht.
„Papyrologischer Kommentar zum Neuen Testament“ nennt sich das wissenschaftliche Projekt, an dem die Theologin und klassische Philologin Christina Kreinecker werkt. Angesiedelt an der theologischen Fakultät der Universität Salzburg und finanziert vom Fond zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie mit 26.000 Papyrusblättern, beschriebenen Tonscherben und Täfelchen und mit allem, was darauf niedergeschrieben ist: Privat- und Geschäftsbriefe, Verträge, Notizen und vieles mehr. Dieses Material, das in der Zeit zwischen dem 3. Jh. v. Chr. und dem 3. Jh. n. Chr. entstanden ist, vergleicht sie mit Texten des Neuen Testaments.
Bedeutung. Ein Jahr lang hat sie am 2. Thessalonicherbrief gearbeitet. Konkret geht man so vor, erläutert sie: Man nimmt Begriff um Begriff aus der Bibel und sucht über Computer in Datenbanken, wo diese Worte in der antiken Alltagswelt verwendet wurden, was sie dort bedeuteten und ob sie helfen den Bibeltext besser zu verstehen. Oft ergibt sich gar nichts, sagt Kreinecker nüchtern, aber dann stößt man auf Zusammenhänge, die einer Bibelstelle eine besondere Kontur geben. So bedeutet das griechische Wort „pseudos“ im 2. Thessalonicherbrief nicht einfach nur Lüge, sondern es schwingt die Bedeutung Meineid mit, der Konsequenzen vor Gericht hat. Das bringt eine ganz andere Bedeutung, als wenn man Lüge als ein wenig Flunkern versteht.
Neuer Blick. Die papyrologischen Kommentare verstehen sich als Ergänzung zu den bestehenden Bibelkommentaren und sind ein weltweit einzigartiges Projekt. Herausgegeben werden sie von dem Salzburger Theologen Peter Arzt-Grabner mit Partnern in Athen und Bologna. Mehrere biblische Bücher wurden auf diese Weise schon kommentiert. Die kommenden Jahre wird sich Kreinecker mit den Passionsberichten beschäftigen und weiterhin wenig Zeit für ihre Hobbys wie Musik und Lesen haben – es sei denn, es erscheint entgegen den Verlagsauskünften doch ein neuer Harry Potter. Dann wird die 28-jährige Theologin Zeit für die Lektüre finden. Da ist sie sich gewiss.