St. Louis-Hospital: Wo Friede zwischen Israelis und Palästinensern herrscht
Jerusalem: Sr. Monika Düllmann über ein Krankenhaus, das Brücken baut
Ausgabe: 2008/52, St. Luis-Hospital, Friede, Palästinensern, Israelis, Düllmann, Jerusalem
23.12.2008
- Josef Wallner
Krebs im Endstadium, Aids, Koma- und Schlaganfallpatienten – im Jerusalemer St. Louis-Krankenhaus finden sie alle Platz, unabhängig ob Jude, Christ oder Muslim, Palästinenser oder Israeli.
„Politik und Religion bleiben vor der Tür“, stellt Sr. Monika Düllmann klar: „Unsere Aufgabe ist die Pflege der Menschen.“ Die deutsche Theologin und Krankenschwester leitet das 50-Betten-Spital, das in unmittelbarer Nähe des jedem Heilig-Land-Pilger bekannten Jaffa-Tores liegt. Das Spital wurde 1881 errichtet und wird seither vom Orden der „Schwestern des heiligen Josef von der Erscheinung“ geführt – heute spezialisiert auf die Pflege von Männern und Frauen in der letzten Lebensphase. „Wir versuchen alle Menschen mit der gleichen Liebe zu behandeln und Zeugnis von der unantastbaren Würde jedes Menschen abzulegen.“ Wie überzeugend das ihr, ihren 14 Mitschwestern und den rund 60 israelischen und palästinensischen Angestellten gelingt, zeigt die Warteliste auf einen Platz im Haus. Einen wesentlichen Beitrag zu dem familiären Klima leisten auch die jungen freiwilligen Helfer/innen aus aller Welt. Rund 25 sind ständig im Einsatz.
Der Tod öffnet die Augen. Die Konzentration auf die Patienten ist das Geheimnis des Hospitals. „Wenn ein Israeli und ein Palästinenser jeweils an den Betten ihrer sterbenden Mütter sitzen, verlieren alle politischen Unterschiede ihre Bedeutung“, weiß Sr. Monika. Da die Patienten auch nicht nach Religionsgemeinschaften getrennt in verschiedenen Zimmern liegen, bringt das St. Louis-Krankenhaus Menschen in einem Raum zusammen, die sich im Alltag nie begegnen würden. Da füttert ein israelischer Jude mit Kippa am Kopf einen Palästinenser, der mit seinem Vater das Zimmer teilt. Sr. Monika kann hier Geschichte um Geschichte erzählen, die man in dem konfliktgeladenen Umfeld als Wunder bezeichnen könnte. Und eine palästinensische Angestellte, die von ihren Bekannten vorwurfsvoll gefragt wird: „Was, du pflegst Juden?“, antwortete: „Nein ich pflege Kranke.“ Daß die Zuwendung zu den Patienten gleichzeitig eine Plattform des Verstehens schafft, freut Sr. Monika, ist aber keine Taktik, sondern geschieht einfach.
Respekt. Das St. Louis-Hospital ist ohne Wenn und Aber ein christliches Krankenhaus. Doch das zeigt sich gerade in der Offenheit den jüdischen und muslimischen Patienten gegenüber. So ist das St. Louis-Spital das einzige Kloster der Welt, in dem die jüdischen Speisegesetze eingehalten und vom Jerusalemer Oberrabbinat mit Koscher-Zertifikat bestätigt werden. Das nimmt gläubigen Juden die Scheu, sich einem christlichen Haus anzuvertrauen. Und weil da, wo jüdische Kultvorschriften beachtet werden, niemals Schweinefleisch am Speiseplan steht, müssen auch Muslime nicht fürchten, gegen ihre Speisegebote zu verstoßen. Der Respekt vor den Speisegeboten ist für das christliche Hospital – ebenso wie die liebevolle Pflege – eine Weise zu sagen: Gott liebt alle Menschen.