Ausgabe: 2009/15, Dom, Stein, Halleluja, Weinzinger, Lehrling, Schmid, Domführungen, Arbeit
08.04.2009
- Matthäus Fellinger
Für ein einziges Tier- oder Pflanzenmotiv meißelte ein Steinmetz im Linzer Dom eine Woche lang – und es gibt tausende davon. In der Linzer Dombauhütte arbeitet man ständig daran, dass der Dom als „Gotteslob in Stein“ erhalten bleibt. Ab Ende April öffnet die Dombauhütte für die Öffentlichkeit ihre Türen. Nirgendwo sonst in Europa kann man dann Dom so nahe erleben wie hier.
Drei, vier Leute sind ständig damit beschäftigt, vor allem die Außenhaut des Linzer Mariendoms instandzuhalten. Umwelteinflüsse, Taubenkot und die Witterung setzen dem empfindlichen Sandstein zu. Am 29. April 1924 wurde der Dom zwar eingeweiht, doch wirklich fertig ist er bis heute nicht. Der Torbogen (Tympanon) über dem Hauptportal ist nur aufgemalt – die Skizze sozusagen. Zur Ausführung in Stein ist es nie gekommen. Viele der Figurennischen stehen bis heute leer. Und an allem nagt der Zahn der Zeit. Trotzdem: Der Dom steht da wie ein Halleluja in Stein.Dass das schwere Material Stein seine Leidenschaft ist, sieht man Domhütten-Meister Gerhard Fraundorfer nicht an. Er will den Dom als faszinierendes Bauwerk den Menschen näherbringen. Für das Kulturhauptstadtjahr hat er sich vieles einfallen lassen. Zwischen dem 26. April und dem 27. September wird die Dombauhütte geöffnet sein – als eine Art lebendiges Werkstatt-Museum, in dem man nicht nur zur Geschichte des Domes viel erfährt, sondern auch das Handwerk der Steinmetze kennenlernen und sogar ausprobieren kann.
Arbeitsplatz Dom. Simon Weinzinger hat hier seinen Arbeitsplatz. Er ist Steinmetz-Lehrling. Seine Mama hat einen Kurs besucht und Simon begeistert davon erzählt. So ist er auf die Idee gekommen, Steinmetz zu werden. Die Baustelle Dom ist für ihn hochinteressant – mit vielfäl- tigsten Aufgaben. Sonst sind ja Steinmetze oft nur mit Grabsteinen beschäftigt. Seine Kollegin Beate Schmid hat Kunst studiert. Eben arbeitet sie an einer Blume, die sie gekonnt in den Elb-Sandstein meißelt. Als gelernte Bildhauerin sammelt sie hier Erfahrung als Restauratorin. Rund fünf Kubikmeter Sandstein aus dem Elbegebiet werden jedes Jahr hier verarbeitet, um schadhafte Teile zu ersetzen. Beim Dombau hat man das damals noch neue Material Zement statt des bis dahin üblichen Kalks verwendet. Doch der Zement sprengt das Gestein, erklärt der Meister. Auch das in der Nachkriegszeit verwendete Tuffgestein löst sich wie von selbst auf.
Gott sieht alles. In der Dombauhütte wird man ab 26. April vieles aus der Nähe sehen, was man im Gotteshaus selbst wegen der Entfernung gar nicht erkennen kann. „In der Gotik ging man davon aus: Gott sieht alles“, erklärt Fraundorfer. Und so sind die Figuren auch in entlegensten Winkeln mit großer Sorgfalt ausgeführt.
Humor im Dom. Auch Humor hatten die Steinmetze damals. Da sieht man den Fuchs mit der Henne im Maul, den Schusterbuben, der in der Lederhose auftanzt, ebenso, und unter den vielen Köpfen endeckt man die Gesichter von Indianern und unzählige Pflanzenornamente. Kein Motiv taucht ein zweites Mal auf, alles ist einmalig, weiß man heute die Qualität der Neugotik wieder zu schätzen.
Zu Gast in der Werkstatt. „So nahe kann man Gotik in ganz Europa nicht erleben, wie heuer bei uns“, verspricht der Hüttenmeister. Aus der Nähe wird man die beiden Treppenturm-Bekrönungen sehen können, die seit dem Bombentreffer im Krieg gefehlt haben. Jetzt werden sie wieder ergänzt. Eine „Kreuzblume“ wurde im naheliegenden Domhotel aufgehoben, so kann man heute die genaue Form nachbilden. Die Besucher werden auch versuchen können, einen Stein fachgerecht zu spalten. Hüttenmeister Fraunhofer zeigt an einer Steintafel, wie zu verschiedenen Zeiten Oberflächen gearbeitet wurden. Im Eingangsbereich der Dome wurde besonders fein gearbeitet. Und bei den Kirchen haben sich die Steinmetze viel mehr Mühe gegeben als bei einem weltlichen Aufrtraggeber. Letzteren ging es auch früher vor allem darum, eine Wand möglichst schnell hochzuziehen. Bei Domen hat man sich die Zeit genommen, die das Werk braucht.
Nur für das Foto hat Steinmetzin Beate Schmid Gehör- und Staubschutz sowie Brille abgenommen – dass es keine Missverständnisse mit dem Arbeitsinspektorat gibt.
- Die Dombauhütte ist geöffnet ab 26. April, Mo. – Do. 9 – 16.30, Fr. 9 – 12.30 Uhr.Feiertag, Sa. u.So.: 9 – 17 Uhr. Eintritt frei.Anmeldung für Führungen: Tel. 0732/94 61 00domcenter@dioezese-linz.at