Das Interesse war groß, wenn auch das Thema ein Randthema zu sein scheint: „Obdachlos in Linz“. Am 5. Oktober saßen die Leute, die zur Diskussion darüber ins URBI@ORBI gekommen waren, noch in der Geschäftspassage. Der Raum drinnen war zu klein.
Die Leistungsgesellschaft mit dem steigenden Druck drängt viele Menschen aus „geordneten“ Verhältnissen hinaus. Das war ein mehrmals gehörter Befund in der Diskussion, zu der aus ihren Berufserfahrungen sechs Fachleute Impulse einbrachten: die Sozialarbeiterin und Soziologin Dr. Eva Eichinger, der Obdachlosenarzt Dr. Andreas Krauter, Doris Ruiz Caballero von der Abteilung Jobimpuls des Magistrats Linz, Gefangenen- und Betriebs-seelsorger Hans Gruber, Oberst Christian Moser vom Stadtpolizeikommando Linz sowie Ulrich Volmer vom Caritas-Hartlauerhof.
Medizin und Arbeit. Im Vinzenzstüberl der Barmherzigen Schwestern werden täglich bis zu 160 Portionen Essen ausgegeben. Dr. Krauter von der Geschäftsführung der Vinzenz Gruppe OÖ betreut jährlich bis zu 200 obdachlose Patienten. Ihre Versorgung muss niederschwellig sein, denn sie haben Angst und Scheu in Bezug auf Arzt, Wartezimmer oder Krankenhaus. Jobimpuls der Stadt Linz schafft es mit – niederschwelligem – Arbeitsangebot relativ oft, Obdachlose wieder in Arbeit zu bringen. Etwa jenen Mann, der nach Scheidung und Krise ins Ausland ging, sich als Obdachloser durchschlug und wieder zurück nach Österreich kam; ohne Papiere, ohne Wohnung ... Jobimpuls verschaffte ihm eine Arbeit im Trödlerladen der Arge Obdachlose. Heute hat er wieder eine geregelte Arbeit. So wie 15 jener 20 obdachlosen Menschen, die die Leiterin von Jobimpuls, Erika Pröll, vom Park weggeholt hat und ihnen über Jobimpuls den Wiedereinstieg möglich machte.
Verlorene Normalität. Es müssen aber auch jene Platz haben, die sich nicht mehr einfügen können. „Die Normalität ist für viele vorbei“, weiß Ulrich Volmer aus der Sozialarbeit. Hans Gruber richtete einen Appell an die „Mittelstandsgesellschaft“-Kirche, die zu wenig offen für Unterschichtleute sei. Vielleicht sollten die Mittelstands-Angehörigen mehr hören, was Oberst Moser von der Polizei zu sagen hat: Obdachlose fallen in der Kriminalstatistik nicht auf. Von 20.000 registrierten Delikten in Linz haben nur 37 einen Zusammenhang mit obdachlosen Menschen.