Die Kapelle „Unsere Liebe Frau am Lasslberg“ (Pfarre Viechtwang) war in der Barockzeit ein berühmter Wallfahrtsort
Ausgabe: 2010/44, Lasslberg, Viechtwang, Wallfahrtsort, Unsere Liebe Frau am Lasslberg, Buch
03.11.2010 - Josef Wallner
Die Kapelle am Lasslberg ist eine Stätte der Ruhe und des Aufatmens. Kaum vorzustellen, dass das kleine Marienheiligtum mit seinem außergewöhnlichen Gnadenbild im 18. Jahrhundert jährlich tausende Pilger/innen anzog.
Am Anfang standen eine kranke Bäuerin und ein Birnbaum. Maria Kolmbauer litt jahrelang an einer Krankheit, die mit schrecklichen Schmerzen verbunden war. Kein Arzt konnte ihr helfen. Am 1. September 1707 schleppte sie sich hinaus in den Garten, um zumindest die Glocken der etwa eine halbe Gehstunde entfernten Pfarrkirche Viechtwang hören zu können. Während sie betete, sah sie vor ihr auf einem Birnbaum Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm und daneben den gekreuzigten Christus. Im Blick auf die Erscheinung spürte sie, dass sie geheilt war. Das Wunder spricht sich rasch herum und unverzüglich kommen Pilger zu „Unserer lieben Frau am Lasslberg“. Die Bäuerin lässt ein Bild von der Erscheinung anfertigen. Bald geschehen weitere Wunder. Allein bis 1740 sind 446 Wunderberichte aufgezeichnet. Zusätzlich zu einer heilkräftigen Quelle beginnen auch die Einnahmen zu sprudeln. Mit den Spenden, die bei der Kapelle am Lasslberg gegeben werden, kann die Pfarrkirche prächtig ausgestattet werden. Die Kapelle ist ein Segen für die örtliche Wirtschaft, besonders für die Wirte. Die Wallfahrt bringt der Pfarre Viechtwang so hohe Einnahmen, dass sie an die Bewohner Kredite vergeben kann – zu dem sensationell günstigen Zinssatz von 4 Prozent. Zur Zeit Josephs II. – im Jahr 1787 – wurde die Wallfahrt aber dann verboten. Mitte des 19. Jahrhunderts konnte sie unter Bischof Rudigier wiederbelebt werden, aber nicht mehr an die Pilgerströme von einst anschließen.
Übermaltes Kreuz. Hoch interessant ist das Gnadenbild: Die Verbindung von Maria mit dem Jesuskind und dem gekreuzigten Chris-tus ist einzigartig. Wolfgang Herndl (siehe Literaturangabe am Artikelende) mutmaßt, dass die beiden Bildmotive den Versuch eines Zueinanders von katholischer und evangelischer Frömmigkeit zeigen könnten. Das Hinzufügen des Kreuzes zur Madonnendarstellung könnte eine Brücke zu den Protestanten sein mit Jesus Christus – als Kind und am Kreuz – als verbindendem Glied. Die Gegenreformation verbot zwar das evangelische Bekenntnis, aber immer wieder werden in der Region Geheimprotestanten erwähnt. Da Aufzeichnungen fehlen, bleibt die Deutung vage. Das Gnadenbild hat aber nachhaltig irritiert. Nach dem Verbot der Wallfahrt kam das Bild in die Pfarrkirche Viechtwang. Dabei verlangte der Linzer Bischof Anton Gall, das Kreuz zu übermalen – bis Jahrzehnte später die Zeit kam, wo man es wieder freilegen konnte.
Der KirchenZeitungs-Artikel hat zur Grundlage das Buch von Wolfgang Herndl, Unsere Liebe Frau am Lasslberg. Wallfahrt im Spannungsfeld von Barock und Aufklärung – ein Beispiel aus der Pfarre Viechtwang“, Wagner Verlag (ISBN 978-3-902330-48-2), 459 Seiten, 28,– Euro.